(21.12.2013, 11:35:25)JoWu schrieb: Vermögen ist ja im Grunde nichts verwerfliches .
Wenn das Land vor die Hunde geht, Leute bis zu einem Jahr auf ihr Geld warten, die Bangladeshis in Athen verjagt werden und die Suppen-Küchen wie Pilze aus dem Boden schießen, dann ist es schon was verwerfliches wenn Samaras 13 Immobilien im Gepäck hat.
Ich vergesse nie mein Gespräch in der Botschaft von Bangladesch, als ich mein Visum verlängert habe:
"Ah, I like the Greek people, they are same corrupt as we in Bangladesh" ("Ah, Ich mag die Griechen, die sind genauso korrupt wie wir in Bangladesh")
Da konnte ich zwar lachen, aber wusste, dass damit die Regierung gemeint ist, zumindest zum größten Teil. Denn die Bürger eines Landes sind oft nur die Leidtragenden am Ende des Theaters und in Griechenland haben wir das Theater einfach im Blut.
Das ist ansich auch nichts schlimmes, nur verstehe ich oft nicht, wie man im 21. Jahrhundert, in einer so aufgeklärten Gesellschaft - wo Wissen und Vielfalt für alle ersichtlich, erschwinglich und erreichbar ist - noch so unverschämt lügen kann...
Denn was anderes machen Politiker nicht. Sei es in Bangladesch oder in Europa oder den USA. Vielleicht sind viele Regierungsleute zu Beginn ihrer Karriere von einem Verbesserungs-Willen angetrieben, doch ziemlich wenige schaffen es, ihrem Ziel und ihrer Moral treu zu bleiben.
Die meisten füttern sich selbst, betreiben eine Politik die nur ihren engsten dient und vergessen sehr schnell und oft auch bewusst, für welches Amt sie eigentlich gerade stehen sollten. Der Schutz, den sie dann auch noch erhalten und die Toleranz die oft von den Bürgern aufgebracht wird, erlaubt diesen Menschen auch noch weiter zu machen - ohne sich selbst reflektieren zu müssen.
Ich kann in Bangladesch verstehen, dass Menschen ihr Leben auf den Straßen riskieren. Wieso sollten sie auch so leben, wenn sie wissen, dass die nächsten Generationen ansonsten in noch größerer Armut verbleiben werden?
Wer hat was davon ? - Da gehen die Bangladeshis lieber auf die Straße und setzen Zeichen. Auch wenn ich nicht für Gewalt bin, kann ich Menschen verstehen, die am Punkt der Verzweiflung angekommen sind und nicht mehr wissen, wie sie sich verhalten sollen. Es gibt für viele Menschen gar keine anderen Optionen mehr, außer ihren Frust und die Wut in Form von Gewalt auszudrücken. Der Wille zu überleben treibt sie und ich denke nicht, dass es so weit in Europa kommen kann: Dafür sind die Lobbies und die Medien zu raffiniert und zu perfekt ausgearbeitet.
Uns wird einfach immer mehr kacke erzählt und immer mehr Lügen, so dass wir einfach nur noch schauen, es irgendwie zu schaffen.
Bei einem Filmdreh letzte Woche, habe ich einen Rhetorik-Lehrer kennen gelernt, der mir davon erzählt hat, wie deutsche Politiker Unterricht bei ihm nehmen. Er erzählte mir davon, wie viel Zeit und Kraft sie investieren um überzeugend aufzutreten, wie man Fehler überdeckt und Lügen gezielt glaubwürdig darstellen kann. Er zeigte mir Beispiele und ich musste fast kotzen.
Aber kotzen bringt nichts. Ich ruiniere nicht meine Gesundheit, denn ändern wird das auch nichts. In meinem Umfeld versuche ich so gut und moralisch korrekt zu arbeiten, zu leben und zu handeln. Am Ende muss ich selbst mit mir im reinen sein und mich vor meinem eigenen Gericht verantworten. Wenn ich dann mit einem Lächeln sterben kann und mich daran erinnere, dass ich öfters an Mutter Theresa denke, als an Berlusconi, dann reicht mir das...
Aber das Samaras 13 Immobilien hat, geht mir am Arsch vorbei. Er kann darin nicht wohnen, muss non-stop arbeiten und schaut morgens in den Spiegel und weiß, dass er von vielen Menschen nur als das gesehen wird, was er ihnen präsentiert. Diese Menschen sind meist unglücklich, wären alleine, wenn sie nicht den Reichtum hätten, den sie haben und sind am Ende nur Puppen anderer EGO_Ärsche aus Wirtschaft und Politik.
Dieses ganze Theater ist leider nicht mehr zum Lachen, weil es sich nicht - wie damals in der Geschichte - in Regionen und Gebieten verbreitet, auf eine gewisse Zivilisation Auswirkungen hat und somit nicht übergreifend passiert, sondern das globale Drama passiert täglich auf Kosten von vielen Millionen Menschen, die nie in den Genuss von Freiheit und entspanntes Leben und lieben gekommen sind.
Kinder wachsen in Strukturen auf, die von Giga-Firmen dominiert werden, weil Aktien in Singapur über den Tisch gehen, während ganze Länder in Afrika von privaten Investoren verwaltet werden.
Globalisierung erreicht einen Punkt an dem sich zeigen wird, ob die Gesellschaft bereit ist, Fehler und fehlerhafte Strukturen einzusehen, sie friedlich zu bewältigen oder ob der Mensch am Ende wieder nur animalisch handelt und sich gegenseitig die Köpfe einschlägt...
Dann wird es wieder spannend, denn irgendwann überlebt sicherlich eine bewusste Schicht von Menschen, die aus der Geschichte dann doch lernt und zumindest versucht, die "global world time" nicht als Anleitung zu nutzen, sondern einzusehen, dass es Zeit ist für neue Regulierungen, mehr Kommunikation zwischen allen Schichten und Mitspracherecht für die breite Masse.
Wir haben im 21. Jahrhundert viele Fundamente gesetzt um in den nächsten Dekaden die richtigen Schritte zu gehen. Es liegt an jedem von uns selbst und vor allem an der Einstellung, mit der man sich dieses Theater anschaut.
In diesem Sinne, aus Berlin
Alexandros