Staatsbankrott und was dann?

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#6
Also, ich versuche einmal, meine Kenntnisse dazu zum besten zu geben:
Staatspleite bedeutet, daß ein Staat seine Schulden nicht mehr tilgen kann, oder auch nicht mehr tilgen will (Kriegsführung zur Eintreibung der Schulden ist aus der Mode gekommen). Im allgemeinen finanziert ein Staat den Teil seiner Ausgaben, für die er keine Einnahmen hat (also Steuern von seinen Bürgern kassiert) durch Staatsanleihen. Die Gläubiger, z.B. die Notenbanken anderer Staaten, sonstige Banken, aber in geringem Maße auch Privatpersonen, müssen dann auf einen Teil ihres Geldes verzichten. Insofern war die Rettung des Euros, wie sie von den Politikern der Eurozone, allen voran Sarkozy und Berlusconi, vorangetrieben wurde, nur eine Rettung ihrer Banken, bzw. ihrer Aktionärsfreunde dieser Banken. Um es also ganz deutlich zusagen: Eine Staatspleite hat praktisch keine Auswirkungen auf die Bürger des Staates, der seine Schulden nicht bezahlt. (Natürlich dürfen auch die Banken und Bürger des Staates selbst, hier also griechischen Banken und Bürger Anleihen ihres Staates erwerben, wären also bei einer Pleite betroffen. Von Problemen dieser Art habe ich allerdings in den vergangenen Monaten nichts gehört: Die Griechen trauen ihrem Staat ja nicht!)
Das hat also alles mit dem Euro erst einmal wenig zu tun, vor allem auch deshalb, weil der Anteil der griechischen Wirtschaft an der Gesamtwirtschaftsleistung der Eurozone viel zu gering ist, um gravierenden Einfluß zu haben. Wesentlichen Einfluß haben allerdings die Spekulationen auf eine griechische Zahlungsunfähigkeit. Je höher das Risiko, das Geld nicht wiederzubekommen, umso höher die Zinsen. Die Bürgschaft der Troika (Eurozone, IWF, Weltbank) haben nur dazu gedient, den Gläubigern zu versichern, daß sie ihr verliehenes Geld zurückbekommen, damit die Zinsen für neue Staatsanleihen niedriger sind und Griechenland wenigstens die Zinsen zahlen kann. An eine vollständige Rückzahlung der Anleihen glaubt kein Finanzexperte (und natürlich auch niemand, der sich etwas länger in Griechenland aufhält).
Jetzt stellt sich die Frage, wie die griechische Regierung mit der Situation umgeht. Zunächst muß sie ihre Beamten und Angestellten sowie die Rentner u.s.w. bezahlen, und zwar in Euro. Da die Bürger ja weiterhin offensichtlich nicht bereit sind, freiwillig ihre Steuern zu bezahlen, gibt es drei Möglichkeiten:
1. Dort, wo Steuern automatisch kassiert werden können, werden sie weiter stark erhöht, z.B. Mineralölsteuer, Tabaksteuer, u.ä.
2. Es werden neue Steuern erhoben, z.B. Grundsteuer, Energiesteuer, u.ä.
3. Eine wirklich drastische Kürzung der laufenden Ausgaben (Gehälter) z.B. Streichung der 13. und 14. Monatsgehälter (deren Kürzung um 20% ist eher ein Witz, bezogen auf die Probleme), Streichung der 13. und 14. Rentenzahlungen, Streichung der 15. und 16. Gehälter der Parlamentsbeschäftigten, Erhöhung der Arbeitszeit der Beamten auf 40 Stunden pro Woche, (in vielen Fällen würde es vermutlich genügen zu prüfen, ob die Beamten überhaupt arbeiten)
4. Die Regierung steckt den Kopf in den Sand und führt wieder eine eigene Währung, die Drachme, ein. Die griechische Regierung hat dann keine Euros mehr, um die Schulden zu bezahlen. Sie druckt so viele Drachmen wie sie will. Für alle Euro-Besitzer wird dann alles geschätzte 30-50 Prozent billiger, weil man für die Euros ja viele, viele Drachmen bekommt. Korrekt ausgedrückt: der Wert der Drachme mißt sich am Wert der griechischen Wirtschaftsleistung. Die Griechen könnten dann weitermachen wie bisher, allerdings würden sich alle Produkte, die sie aus dem Ausland importieren, entsprechend verteuern. Also keine Porsche, BMW und Mercedes mehr, keine Flachbild-TV mehr, eben alles nicht mehr, zumindest nicht so billig, was aus dem Ausland kommt.
Erste Anmerkung am Rande: Rechtlich ist es nicht möglich, Griechenland aus der EU auszuschließen (das will auch keiner) oder es aus dem Euro-Verbund auszuschließen (hier wird, ein wenig an den rechtlichen Grundlagen vorbei, eine mögliche Entziehung des Stimmrechtes diskutiert).
Ich warte gespannt darauf, wann der erste griechische Politiker seinen Wählern die Wahrheit erzählt. Meine Antwort: Nie! Irgendein Sündenbock, die Türken, Frau Merkel, die Spekulanten oder was auch immer wird wieder herhalten müssen.
Zweite Anmerkung: Während sich die Türkei und Spanien angesichts der politischen Lage in Arabien, vor allem Ägypten und Tunesien, die Hände reiben, und auf Millionen zusätzlicher Touristen hoffen, und entsprechende Werbekampagnen gestartet haben, tut sich hier wieder einmal nichts, fast nichts, denn die Preise werden ja wieder erhöht.
Liebe Grüße von Paros
Petraki
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#6
Also, ich versuche einmal, meine Kenntnisse dazu zum besten zu geben:
Staatspleite bedeutet, daß ein Staat seine Schulden nicht mehr tilgen kann, oder auch nicht mehr tilgen will (Kriegsführung zur Eintreibung der Schulden ist aus der Mode gekommen). Im allgemeinen finanziert ein Staat den Teil seiner Ausgaben, für die er keine Einnahmen hat (also Steuern von seinen Bürgern kassiert) durch Staatsanleihen. Die Gläubiger, z.B. die Notenbanken anderer Staaten, sonstige Banken, aber in geringem Maße auch Privatpersonen, müssen dann auf einen Teil ihres Geldes verzichten. Insofern war die Rettung des Euros, wie sie von den Politikern der Eurozone, allen voran Sarkozy und Berlusconi, vorangetrieben wurde, nur eine Rettung ihrer Banken, bzw. ihrer Aktionärsfreunde dieser Banken. Um es also ganz deutlich zusagen: Eine Staatspleite hat praktisch keine Auswirkungen auf die Bürger des Staates, der seine Schulden nicht bezahlt. (Natürlich dürfen auch die Banken und Bürger des Staates selbst, hier also griechischen Banken und Bürger Anleihen ihres Staates erwerben, wären also bei einer Pleite betroffen. Von Problemen dieser Art habe ich allerdings in den vergangenen Monaten nichts gehört: Die Griechen trauen ihrem Staat ja nicht!)
Das hat also alles mit dem Euro erst einmal wenig zu tun, vor allem auch deshalb, weil der Anteil der griechischen Wirtschaft an der Gesamtwirtschaftsleistung der Eurozone viel zu gering ist, um gravierenden Einfluß zu haben. Wesentlichen Einfluß haben allerdings die Spekulationen auf eine griechische Zahlungsunfähigkeit. Je höher das Risiko, das Geld nicht wiederzubekommen, umso höher die Zinsen. Die Bürgschaft der Troika (Eurozone, IWF, Weltbank) haben nur dazu gedient, den Gläubigern zu versichern, daß sie ihr verliehenes Geld zurückbekommen, damit die Zinsen für neue Staatsanleihen niedriger sind und Griechenland wenigstens die Zinsen zahlen kann. An eine vollständige Rückzahlung der Anleihen glaubt kein Finanzexperte (und natürlich auch niemand, der sich etwas länger in Griechenland aufhält).
Jetzt stellt sich die Frage, wie die griechische Regierung mit der Situation umgeht. Zunächst muß sie ihre Beamten und Angestellten sowie die Rentner u.s.w. bezahlen, und zwar in Euro. Da die Bürger ja weiterhin offensichtlich nicht bereit sind, freiwillig ihre Steuern zu bezahlen, gibt es drei Möglichkeiten:
1. Dort, wo Steuern automatisch kassiert werden können, werden sie weiter stark erhöht, z.B. Mineralölsteuer, Tabaksteuer, u.ä.
2. Es werden neue Steuern erhoben, z.B. Grundsteuer, Energiesteuer, u.ä.
3. Eine wirklich drastische Kürzung der laufenden Ausgaben (Gehälter) z.B. Streichung der 13. und 14. Monatsgehälter (deren Kürzung um 20% ist eher ein Witz, bezogen auf die Probleme), Streichung der 13. und 14. Rentenzahlungen, Streichung der 15. und 16. Gehälter der Parlamentsbeschäftigten, Erhöhung der Arbeitszeit der Beamten auf 40 Stunden pro Woche, (in vielen Fällen würde es vermutlich genügen zu prüfen, ob die Beamten überhaupt arbeiten)
4. Die Regierung steckt den Kopf in den Sand und führt wieder eine eigene Währung, die Drachme, ein. Die griechische Regierung hat dann keine Euros mehr, um die Schulden zu bezahlen. Sie druckt so viele Drachmen wie sie will. Für alle Euro-Besitzer wird dann alles geschätzte 30-50 Prozent billiger, weil man für die Euros ja viele, viele Drachmen bekommt. Korrekt ausgedrückt: der Wert der Drachme mißt sich am Wert der griechischen Wirtschaftsleistung. Die Griechen könnten dann weitermachen wie bisher, allerdings würden sich alle Produkte, die sie aus dem Ausland importieren, entsprechend verteuern. Also keine Porsche, BMW und Mercedes mehr, keine Flachbild-TV mehr, eben alles nicht mehr, zumindest nicht so billig, was aus dem Ausland kommt.
Erste Anmerkung am Rande: Rechtlich ist es nicht möglich, Griechenland aus der EU auszuschließen (das will auch keiner) oder es aus dem Euro-Verbund auszuschließen (hier wird, ein wenig an den rechtlichen Grundlagen vorbei, eine mögliche Entziehung des Stimmrechtes diskutiert).
Ich warte gespannt darauf, wann der erste griechische Politiker seinen Wählern die Wahrheit erzählt. Meine Antwort: Nie! Irgendein Sündenbock, die Türken, Frau Merkel, die Spekulanten oder was auch immer wird wieder herhalten müssen.
Zweite Anmerkung: Während sich die Türkei und Spanien angesichts der politischen Lage in Arabien, vor allem Ägypten und Tunesien, die Hände reiben, und auf Millionen zusätzlicher Touristen hoffen, und entsprechende Werbekampagnen gestartet haben, tut sich hier wieder einmal nichts, fast nichts, denn die Preise werden ja wieder erhöht.
Liebe Grüße von Paros
Petraki
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Staatsbankrott und was dann? - von tommax - 10.03.2011, 15:49:45

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