Christodoulos gibt sich selbstbewusst

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#4
Interessante Fragestellung, Susanne!

Zunaechst faellt mir dazu ein, dass *wir*, also mindestens *ich* aktiv gar nichts veraendern koennen, denn ich bin ueberhaupt kein Kirchenmitglied. Da faengt es schon an: Ich denke, bei allem ehrlichen Respekt, dass eine Glaubensgemeinschaft eher den Status einer freiwilligen Community haben muss, so wie zB in Deutschland auch. Ich halte Zwangsmitgliedschaften in Glaubensdingen (wie auch in anderen gesellschaftlichen Zusammenhaengen) nicht fuer richtig und bin froh, dass heutzutage auch diejenigen Beamte werden koennen, die eben nicht griech-orth. getauft sind.

Ich halte daher auch die Fianzierung aus meinen Steuergeldern fuer *nicht* richtig, sondern wuerde einen Clubmitgliedschaftsbeitrag fuer gerechter halten. So wie in D, ich sagte es. Wir muessten sonst anders herum naemlich auch erlauben, dass zB die kommunistische Partei vollstaendig aus Staatsmitteln finanziert wird.

Geld fuer Haussagen: ich musste schmunzeln, dass Dein Schwiegervater kein Geld von armen Familien nimmt. Von anderen aber schon. Das darf er aber nicht Smile Dieser Service ist in seiner Arbeitsplatzbeschreibung enthalten und hat die Kirche (also die Priester) kostenfrei zur Verfuegung zu stellen!

Dennoch scheint mir Dein Schwiegervater ein positives Beispiel zu sein. Derer gibt es, zum Glueck gibt es sie. Auch in Athen gibt es an vielen Orten die "Allilegii", Solidaritaets-Einrichtungen mit Speisung und Kleidung. Natuerlich gibt es auch ueberall gute und hilfsbereite Menschen, auch unter den Priestern, besonders oft in "remote areas" (faellt mir gerade nicht auf deutsch ein.

Aber die Masse ist eben nicht so, und darueber wird geschimpft, an jeder Ecke. Hattest Du den leitartikel der Athens News vor 2 oder drei Wochen gelesen? Ich hatte ihn verlinkt. Auch dort ist, was ich angesprochen hatte, grosses Thema.

Ich kann und will im uebrigen keine Konzepte fuer die soziale Aktivitaet der griech-orth Kirche entwickeln. Aber ich kann benennen, was ich von einem Verein, der sich dem Wohl der Gesellschaft verschreibt und dafuer eine Menge Geld aus dem Steuersaeckel und aus den privaten Taschen vieler Privatleute erhaelt, erwarte.

Und da macht es mich halt sauer, wenn ich gigantische Schilder wie ueber dem Kirchenneubau hier in der Nachbarschaft lese "Spendet fuer den Ausbau des heiligen Tempels", aber keine Sammlung fuer das verkommene Loch von Alterheim sehe. Keiner unserer Priester in der Nachbarschaft fuehlt sich zustaendig.

Und es aergert mich, wenn Priester in der Osternacht die Liturgie auf 40 Minuten verkuerzen, um 23:30 h gehetzt in ihr Auto springen und eine zweite halten, privat in einer Privatkapelle eines, der sich eine private Osterfeier erkaufen kann. Es aergert nicht nur mich, auch meine Nachbarn "ti na kanoume", die sagen, sie koennen froh sein, dass er ueberhaupt den Ostersegen gespendet hat.

Dein Schwiegervater wuerde das sicherlich nicht tun. Aber es sieht so aus, als ist die Masse der Priester schon anders drauf. Liegt vielleicht auch an der Anonymitaet der Grosstadt, wo der Priester sich eben als Dienstleister fuer eine Nachbarschaft versteht, in die er hinversetzt wurde.

Es bringt nicht viel, Einzelbeispiele gegen einander aufzuzaehlen. Dass die Masse der Priester sich ziemlich unchristlich verhaelt, kannst Du easily in jeder Zeitung nachlesen oder in den beruehmten Tv-Sendungen hoeren. Auch ich koennte viele Beispiele auflisten, auch aus kleinen, ganz kleinen Inseln, wo der Priester sich wie der Feudalherr gebaehrdet.

Ich finde es gut und richtig, dass zunaechst drueber geredet wird. Das ist nach meinem Eindruck in GR etwas voellig neues - und Deine Frage, weshalb nicht alle Griechen sich dagegen auflehnen, ist mir etwas unverstaendlich. Es sind doch schon rund 50% fuer die Trennung von Kirche und Staat!

Bisher war dieses Thema aber, sagen wir, angstbehaftet. Bisher ist die Erziehung vom Kleinkindalter an dahin ausgerichtet, dass man der Kirche ewigen Dank schuldet, weil sie angeblich die grosse Schutzburg gegen die grausamen Tuerken war. Es gibt bisher nur wenige Stimmen, die mit dieser (zumindest) Ueberzeichnung aufraeumen wollen. Aber wenn Du mal genau schaust: zumindest hier in der Grosstadt gehen immer weniger junge Menschen in die Kirche. Ostern etc. mal ausgeschlossen, aber da geh sogar ich Smile Wenn Du den juengeren Leuten zuhoerst, dann moegen sie zwar eine Reihe der Traditionen wie Osterfeiern, Haussegen, Hochzeiten, aber die Ueberwachung und Gaengelung geht ihnen auf die Nerven. Aber schon aus respekt der Mutter gegenueber, die womoeglich glaeubig ist, wuerden sie sowas nur zu Leuten sagen, denen sie wirklich vertrauen.

Tja, was koennen wir tun? Ich diskutiere viel mit Griechen. Ich habe oft gesehen, dass Menschen nachgerade pubertaer aggressiv werden, wenn es um die Kirche geht, ja nicht mal eine Kirche betreten wollen. Ich diskutiere mit ihnen, denn man muss die Kirche nun nicht als Feindbild sehen und nicht innerlich ausspucken, wenn man einen Priester sieht. Aber man kann sich politisch dafuer einsetzen, dass die Kirche endlich eine andere Rolle uebernimmt: naemlich die, der sich auch dein Schwiegervater verschrieben hat. Als unterstuetzende und helfende Sozialeinrichtung, die noch dazu ueber ausreichend finazielle Mittel verfuegt, effektiv zu wirken.

Ich denke, als erstes muss die Trennung von Kirche und Staat her. Dann muss eine umfassende Reform her, die auch die Verteilung der unbestreitlich vorhandenen finanziellen Mittel neu bestimmt. Und dann muss von innen heraus action her. Aber solang die oeberen Kirchenfuersten es nicht fuer sinnvoll und notwendig erachten, Millionen und Abermillionen in die Sozialarbeit zu stecken (inform von Kindergaerten, Altenheimen etc), wird sich nichts tun.

Wie gesagt, ich denke, es ist eine politische Frage. Die Trennung von Kirche und Staat *muss* her, sonst bewegt sich in den oberen Kirchenetagen (also bei denen, die auf dem Geld hocken) auch ueberhaupt nichts.

Dass es Massendemos fuer eine Trennung und eine Reform der Kirche gibt, ist mehr als unwahrscheinlich. Zu psychologisch, das Thema, zu angstbehaftet.

Carmen
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#4
Interessante Fragestellung, Susanne!

Zunaechst faellt mir dazu ein, dass *wir*, also mindestens *ich* aktiv gar nichts veraendern koennen, denn ich bin ueberhaupt kein Kirchenmitglied. Da faengt es schon an: Ich denke, bei allem ehrlichen Respekt, dass eine Glaubensgemeinschaft eher den Status einer freiwilligen Community haben muss, so wie zB in Deutschland auch. Ich halte Zwangsmitgliedschaften in Glaubensdingen (wie auch in anderen gesellschaftlichen Zusammenhaengen) nicht fuer richtig und bin froh, dass heutzutage auch diejenigen Beamte werden koennen, die eben nicht griech-orth. getauft sind.

Ich halte daher auch die Fianzierung aus meinen Steuergeldern fuer *nicht* richtig, sondern wuerde einen Clubmitgliedschaftsbeitrag fuer gerechter halten. So wie in D, ich sagte es. Wir muessten sonst anders herum naemlich auch erlauben, dass zB die kommunistische Partei vollstaendig aus Staatsmitteln finanziert wird.

Geld fuer Haussagen: ich musste schmunzeln, dass Dein Schwiegervater kein Geld von armen Familien nimmt. Von anderen aber schon. Das darf er aber nicht Smile Dieser Service ist in seiner Arbeitsplatzbeschreibung enthalten und hat die Kirche (also die Priester) kostenfrei zur Verfuegung zu stellen!

Dennoch scheint mir Dein Schwiegervater ein positives Beispiel zu sein. Derer gibt es, zum Glueck gibt es sie. Auch in Athen gibt es an vielen Orten die "Allilegii", Solidaritaets-Einrichtungen mit Speisung und Kleidung. Natuerlich gibt es auch ueberall gute und hilfsbereite Menschen, auch unter den Priestern, besonders oft in "remote areas" (faellt mir gerade nicht auf deutsch ein.

Aber die Masse ist eben nicht so, und darueber wird geschimpft, an jeder Ecke. Hattest Du den leitartikel der Athens News vor 2 oder drei Wochen gelesen? Ich hatte ihn verlinkt. Auch dort ist, was ich angesprochen hatte, grosses Thema.

Ich kann und will im uebrigen keine Konzepte fuer die soziale Aktivitaet der griech-orth Kirche entwickeln. Aber ich kann benennen, was ich von einem Verein, der sich dem Wohl der Gesellschaft verschreibt und dafuer eine Menge Geld aus dem Steuersaeckel und aus den privaten Taschen vieler Privatleute erhaelt, erwarte.

Und da macht es mich halt sauer, wenn ich gigantische Schilder wie ueber dem Kirchenneubau hier in der Nachbarschaft lese "Spendet fuer den Ausbau des heiligen Tempels", aber keine Sammlung fuer das verkommene Loch von Alterheim sehe. Keiner unserer Priester in der Nachbarschaft fuehlt sich zustaendig.

Und es aergert mich, wenn Priester in der Osternacht die Liturgie auf 40 Minuten verkuerzen, um 23:30 h gehetzt in ihr Auto springen und eine zweite halten, privat in einer Privatkapelle eines, der sich eine private Osterfeier erkaufen kann. Es aergert nicht nur mich, auch meine Nachbarn "ti na kanoume", die sagen, sie koennen froh sein, dass er ueberhaupt den Ostersegen gespendet hat.

Dein Schwiegervater wuerde das sicherlich nicht tun. Aber es sieht so aus, als ist die Masse der Priester schon anders drauf. Liegt vielleicht auch an der Anonymitaet der Grosstadt, wo der Priester sich eben als Dienstleister fuer eine Nachbarschaft versteht, in die er hinversetzt wurde.

Es bringt nicht viel, Einzelbeispiele gegen einander aufzuzaehlen. Dass die Masse der Priester sich ziemlich unchristlich verhaelt, kannst Du easily in jeder Zeitung nachlesen oder in den beruehmten Tv-Sendungen hoeren. Auch ich koennte viele Beispiele auflisten, auch aus kleinen, ganz kleinen Inseln, wo der Priester sich wie der Feudalherr gebaehrdet.

Ich finde es gut und richtig, dass zunaechst drueber geredet wird. Das ist nach meinem Eindruck in GR etwas voellig neues - und Deine Frage, weshalb nicht alle Griechen sich dagegen auflehnen, ist mir etwas unverstaendlich. Es sind doch schon rund 50% fuer die Trennung von Kirche und Staat!

Bisher war dieses Thema aber, sagen wir, angstbehaftet. Bisher ist die Erziehung vom Kleinkindalter an dahin ausgerichtet, dass man der Kirche ewigen Dank schuldet, weil sie angeblich die grosse Schutzburg gegen die grausamen Tuerken war. Es gibt bisher nur wenige Stimmen, die mit dieser (zumindest) Ueberzeichnung aufraeumen wollen. Aber wenn Du mal genau schaust: zumindest hier in der Grosstadt gehen immer weniger junge Menschen in die Kirche. Ostern etc. mal ausgeschlossen, aber da geh sogar ich Smile Wenn Du den juengeren Leuten zuhoerst, dann moegen sie zwar eine Reihe der Traditionen wie Osterfeiern, Haussegen, Hochzeiten, aber die Ueberwachung und Gaengelung geht ihnen auf die Nerven. Aber schon aus respekt der Mutter gegenueber, die womoeglich glaeubig ist, wuerden sie sowas nur zu Leuten sagen, denen sie wirklich vertrauen.

Tja, was koennen wir tun? Ich diskutiere viel mit Griechen. Ich habe oft gesehen, dass Menschen nachgerade pubertaer aggressiv werden, wenn es um die Kirche geht, ja nicht mal eine Kirche betreten wollen. Ich diskutiere mit ihnen, denn man muss die Kirche nun nicht als Feindbild sehen und nicht innerlich ausspucken, wenn man einen Priester sieht. Aber man kann sich politisch dafuer einsetzen, dass die Kirche endlich eine andere Rolle uebernimmt: naemlich die, der sich auch dein Schwiegervater verschrieben hat. Als unterstuetzende und helfende Sozialeinrichtung, die noch dazu ueber ausreichend finazielle Mittel verfuegt, effektiv zu wirken.

Ich denke, als erstes muss die Trennung von Kirche und Staat her. Dann muss eine umfassende Reform her, die auch die Verteilung der unbestreitlich vorhandenen finanziellen Mittel neu bestimmt. Und dann muss von innen heraus action her. Aber solang die oeberen Kirchenfuersten es nicht fuer sinnvoll und notwendig erachten, Millionen und Abermillionen in die Sozialarbeit zu stecken (inform von Kindergaerten, Altenheimen etc), wird sich nichts tun.

Wie gesagt, ich denke, es ist eine politische Frage. Die Trennung von Kirche und Staat *muss* her, sonst bewegt sich in den oberen Kirchenetagen (also bei denen, die auf dem Geld hocken) auch ueberhaupt nichts.

Dass es Massendemos fuer eine Trennung und eine Reform der Kirche gibt, ist mehr als unwahrscheinlich. Zu psychologisch, das Thema, zu angstbehaftet.

Carmen
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