28.04.2002, 17:21:05
Hallo, bin neu im Forum. Die Frage beschäftigt mich seit 17 Jahren, seit ich das erste Mal in Griechenland war. Ich möchte meine Meinung zur Verdeutlichung polarisierend darstellen. Meine Empfindung, was Deutschland angeht, teile ich mit Wotan. Darüber hinaus finde ich die durch die gesellschaftliche Entwicklung hervorgerufene Vereinzelung und Isolation in Deutschland unerträglich. Der soziale Aspekt ist für mich auch in Griechenland von großer Wichtigkeit, denn was nützt mir das schönste Wetter, die herrlichste Landschaft und das meiste Geld, wenn die soziale Komponente nicht stimmt.
Bis vor kurzem dachte ich immer, ich müßte mich entscheiden zwischen Deutschland und Griechenland. Dazu bin ich nicht in der Lage. Momentan arbeite ich in Deutschland für ein Leben, in dem ich weder vor oberflächlicher Langeweile sterbe bzw. sozial verelende (in Deutschland), noch , in dem ich große Existenzsorgen hätte und mühevolle Plackerei für nix ohne Krankenversicherung und finanzielle Zukunft auf mich nehmen müßte (Kreta). Ich fühle mich wie ein "Gastarbeiter" im eigenen Land - nicht Fisch und nicht Fleisch. Im Urlaub sauge ich all die Liebenswürdigkeit der Kreter, das listige Lächeln und das schenkelschlagende Gelächter, den Humor und die Offenheit und Anteilnahme meiner Freunde und Bekannten auf, das reicht dann wieder für einige Zeit ...
Europa ist im Umbruch - warum nicht all das mitnehmen, was wir angeboten bekommen:
In Deutschland einen relativen Wohlstand und eine relative Sicherheit, in Griechenland die Sonne und das Lachen.
Ein Ziel ist da, ich bin auf dem Weg. Vielleicht (hoffentlich) lebe ich eines Tages auf Kreta, und fahre im Sommer nach Deutschland auf Urlaub....
Christina
Stanley Thissorg schrieb:
> H A.A.Blair,
> Ich versuche mal eine Antwort.
> Eine solche Entscheidung, auszuwandern nach Griechenland, ist enorm schwierig, allein wegen deren Tragweite.
>
> Ich unterstelle erst einmal vielen, mit dem Gewicht dieser Entscheidung ein bisschen naiv umzugehen. Nur weil der letzte Urlaub so schoen war schon hinziehen? Was ist wenn der letzte Urlaub in Afghanistan waere, und genau so schoen?
> Ich verlasse ende Juli Deutschland und ziehe nach Athen. Ich muss es nicht, mein Leben in Deutschland ist erfolgreich und wollig warm.
>
> Also was ist es?
> Es gibt zwei Gruende: Deutschland und Griechenland.
>
> Deutschland:
>
> Die allgemeine Stimmung ist duster. Die Lage entspricht der Stimmung. Ein bestens organisiertes, modernes, maechtiges Land im Abbau. Manche geben die Schuld der EU, manche der Globalisierung manche den Auslaendern. Eins verbindet sie alle: Es ist keine kurzfristige Krise. Jeder ist persoenlich betroffen, angefangen von dem Abbau des Gesundheitssystems, ueber die erwuergende Besteuerung, die Arbeitslosigkeit.
>
> Fuer die Leute wie mich, die einen guten Job und ein geregeltes Leben haben, dominiert der Gedanke, nicht ohne Ehrfurcht, „hoffentlich bleibt alles wie es ist“.
> Abwarten, gluecklich sein fuer jeden Tag ohne besondere Vorkommnisse, absacken. Wo soll da noch Lebenslust aufkommen, Traeume fuer die Zukunft, spinnst Du? Wir sind froh wenn es nicht noch schlimmer wird!
>
> DAS ist der Grund! Ich wurde dazu gebracht, wie ein Wurm zu kriechen und zu winseln: „Bitte, bitte lasst mir mein geiles Leben!“.
>
> Griechenland:
>
> Seit eh und je ein chaotisches Land, wo die Rechtsstaatlichkeit erpresst oder erkauft werden muss, mit einem laecherlichen Sozialsystem und einem Volk, das sich an 2.5 tausend Jahre alte Gespenster klammert um sich zu definieren, was es wiederum nicht daran hindert, seine Vergangenheit fuer entsprechende Belohnung zu verkaufen.
> Jeder Grieche haette mit guten Argumenten viel zu schimpfen ueber die eigenen Landsleute und man fragt sich dann: Ja, WER sind denn diese Griechen, die dieses Land versauen, wenn JEDER ueber die schimpft? Es sind jeweils die ANDEREN. So aehnlich wie die Deutschen und die Nazis.
>
> Was reizt einem an so einem Land?
> Zuerst ist die Natur und die Sonne. Haette ich diesen sanften Kuss der Erde, das gutmuetige Wellenrauschen, das herrliche Wetter, das sogar einen Tag in Athen zu einem Ausflug verwandelt, den Himmel, der unendliche blaue Himmel, waere ich nie auf die Idee gekommen zu gehen. Ich bin sogar davon ueberzeugt, dass sogar die allgemeine Stimmung hier in Deutschland viel besser waere!
>
> Griechenland ist im Aufschwung. Innerhalb der EU war GR ein Schlusslicht in fast allen Bereichen. Alles wird jeden Tag besser, mit dem Geld der EU und unter Anleitung der Kommission. Dir griechische Regierung hat die Rolle des Verwalters und kann wenig Schaden anrichten. Das Ergebnis in 10Jahren wird ein Land sein, das den mitteleuropaeischen Standard entspricht. Die Griechen sind in der Lage das zu bewaeltigen.
> Also: Es geht aufwaerts in GR, man will dabei sein, etwas riskieren, sich aufregen ueber die Missstaende und sich freuen wenn die Busfahrplaene in Athen rauskommen, weil unverhofft, hat sich etwas verbessert!
>
> DAS ist der Grund! Griechenland verbessert sich und gibt mir mein Leben zurueck.
> Da kann ich Traeume haben, die eine gute Chance haben wahr tu werden.
>
> (Mann, es hoert sich wie eine Metaxa Werbung an!)
Bis vor kurzem dachte ich immer, ich müßte mich entscheiden zwischen Deutschland und Griechenland. Dazu bin ich nicht in der Lage. Momentan arbeite ich in Deutschland für ein Leben, in dem ich weder vor oberflächlicher Langeweile sterbe bzw. sozial verelende (in Deutschland), noch , in dem ich große Existenzsorgen hätte und mühevolle Plackerei für nix ohne Krankenversicherung und finanzielle Zukunft auf mich nehmen müßte (Kreta). Ich fühle mich wie ein "Gastarbeiter" im eigenen Land - nicht Fisch und nicht Fleisch. Im Urlaub sauge ich all die Liebenswürdigkeit der Kreter, das listige Lächeln und das schenkelschlagende Gelächter, den Humor und die Offenheit und Anteilnahme meiner Freunde und Bekannten auf, das reicht dann wieder für einige Zeit ...
Europa ist im Umbruch - warum nicht all das mitnehmen, was wir angeboten bekommen:
In Deutschland einen relativen Wohlstand und eine relative Sicherheit, in Griechenland die Sonne und das Lachen.
Ein Ziel ist da, ich bin auf dem Weg. Vielleicht (hoffentlich) lebe ich eines Tages auf Kreta, und fahre im Sommer nach Deutschland auf Urlaub....
Christina
Stanley Thissorg schrieb:
> H A.A.Blair,
> Ich versuche mal eine Antwort.
> Eine solche Entscheidung, auszuwandern nach Griechenland, ist enorm schwierig, allein wegen deren Tragweite.
>
> Ich unterstelle erst einmal vielen, mit dem Gewicht dieser Entscheidung ein bisschen naiv umzugehen. Nur weil der letzte Urlaub so schoen war schon hinziehen? Was ist wenn der letzte Urlaub in Afghanistan waere, und genau so schoen?
> Ich verlasse ende Juli Deutschland und ziehe nach Athen. Ich muss es nicht, mein Leben in Deutschland ist erfolgreich und wollig warm.
>
> Also was ist es?
> Es gibt zwei Gruende: Deutschland und Griechenland.
>
> Deutschland:
>
> Die allgemeine Stimmung ist duster. Die Lage entspricht der Stimmung. Ein bestens organisiertes, modernes, maechtiges Land im Abbau. Manche geben die Schuld der EU, manche der Globalisierung manche den Auslaendern. Eins verbindet sie alle: Es ist keine kurzfristige Krise. Jeder ist persoenlich betroffen, angefangen von dem Abbau des Gesundheitssystems, ueber die erwuergende Besteuerung, die Arbeitslosigkeit.
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> Fuer die Leute wie mich, die einen guten Job und ein geregeltes Leben haben, dominiert der Gedanke, nicht ohne Ehrfurcht, „hoffentlich bleibt alles wie es ist“.
> Abwarten, gluecklich sein fuer jeden Tag ohne besondere Vorkommnisse, absacken. Wo soll da noch Lebenslust aufkommen, Traeume fuer die Zukunft, spinnst Du? Wir sind froh wenn es nicht noch schlimmer wird!
>
> DAS ist der Grund! Ich wurde dazu gebracht, wie ein Wurm zu kriechen und zu winseln: „Bitte, bitte lasst mir mein geiles Leben!“.
>
> Griechenland:
>
> Seit eh und je ein chaotisches Land, wo die Rechtsstaatlichkeit erpresst oder erkauft werden muss, mit einem laecherlichen Sozialsystem und einem Volk, das sich an 2.5 tausend Jahre alte Gespenster klammert um sich zu definieren, was es wiederum nicht daran hindert, seine Vergangenheit fuer entsprechende Belohnung zu verkaufen.
> Jeder Grieche haette mit guten Argumenten viel zu schimpfen ueber die eigenen Landsleute und man fragt sich dann: Ja, WER sind denn diese Griechen, die dieses Land versauen, wenn JEDER ueber die schimpft? Es sind jeweils die ANDEREN. So aehnlich wie die Deutschen und die Nazis.
>
> Was reizt einem an so einem Land?
> Zuerst ist die Natur und die Sonne. Haette ich diesen sanften Kuss der Erde, das gutmuetige Wellenrauschen, das herrliche Wetter, das sogar einen Tag in Athen zu einem Ausflug verwandelt, den Himmel, der unendliche blaue Himmel, waere ich nie auf die Idee gekommen zu gehen. Ich bin sogar davon ueberzeugt, dass sogar die allgemeine Stimmung hier in Deutschland viel besser waere!
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> Griechenland ist im Aufschwung. Innerhalb der EU war GR ein Schlusslicht in fast allen Bereichen. Alles wird jeden Tag besser, mit dem Geld der EU und unter Anleitung der Kommission. Dir griechische Regierung hat die Rolle des Verwalters und kann wenig Schaden anrichten. Das Ergebnis in 10Jahren wird ein Land sein, das den mitteleuropaeischen Standard entspricht. Die Griechen sind in der Lage das zu bewaeltigen.
> Also: Es geht aufwaerts in GR, man will dabei sein, etwas riskieren, sich aufregen ueber die Missstaende und sich freuen wenn die Busfahrplaene in Athen rauskommen, weil unverhofft, hat sich etwas verbessert!
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> DAS ist der Grund! Griechenland verbessert sich und gibt mir mein Leben zurueck.
> Da kann ich Traeume haben, die eine gute Chance haben wahr tu werden.
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> (Mann, es hoert sich wie eine Metaxa Werbung an!)