Theorie und Praxis in Recht und Gesetz

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#5
da kommen einem gelegentlich Zweifel, obwohl ich "überwiegend" auch daran glaube, die Schilderungen von Tobi zum meist erforderlichen "Energieaufwand" sind vollständig zutreffend, die verlorene Zeit und all die Nerven plus letztendlich "good will" nicht mitgerechnet.
Dann aber passieren wieder unendlich unselige Klöpse, siehe den fantastisch deutlichen Beitrag in der FR. Da fragt man sich, wie man einen Staat nennen soll, der die Entscheidungen seines Höchsten Verwaltungsgerichts mißachtet. Wo sind wir ??? Noch in Europa ??? Noch in seinen Werten vom "Rechtsstaat" ???

http://sueddeutsche.de/sz/seitedrei/red-...075/</A&gt;
plus die entsprechende Textkopie aus der SZ:

Korruption in Griechenland: Wenn sich die Partei-Bourgeoisie selbst bedient, bedient sich das Volk eben auch

Eine Frage der Ausdauer

Die EU-Präsidentschaft hat Premier Simitis bewältigt, aber die Griechen haben die Nase voll von der Gutsherrenart, mit der seine Partei regiert

Von Christiane Schlötzer






Athen, 29. Juni – Sofia Sakorafa weiß, was Ausdauer ist. Ihr durchtrainierter Körper verrät es. Das sandfarbene Tunika-Kleid lässt gebräunte muskulöse Oberarme frei. Einen Weltrekord hat sie einst geschafft, im Speerwurf, einer klassischen griechischen Sportart. 1982 war das, und bis heute ist sie eine der großen Damen des griechischen Sports, mit dem Gesicht einer klassischen hellenischen Schönheit und der Figur einer Statue. Auch ihren Speer wirft sie noch. Nicht nur im Stadion. Zuletzt hat Sofia Sakorafa mit aller Kraft auf ein paar Damen und Herren gezielt, die ihr etwas Wertvolles wegnehmen wollen: ihren Glauben an das Recht.Sie hat getroffen, aber nicht gewonnen.


Die kräftige Frau musste lernen, dass in Griechenland derzeit wieder andere klassische Sportarten hoch im Kurs stehen. Diese werden in der Arena der Politik ausgetragen und tragen Namen wie Korruption, Klientelismus und Rechtsbeugung. „Ich bin sehr traurig“, sagt Sofia Sakorafa, und sie meint, ihre Gegner könnten nicht einmal verstehen, warum sie daran leidet, dass Fairness nichts mehr gilt. „Die denken nur an ihr Geschäft, für mich aber war es mein Leben.“


Investition in goldener Lage


Die Leidensgeschichte der Speerwerferin handelt von Athen, dem Austragungsort der Olympischen Spiele 2004, und sie handelt von der griechischen Regierung, die bei Olympia mit hohem Einsatz spielt. Sportlichkeit ist dabei nicht die entscheidende Kategorie. Genau das ist es, worüber Sofia Sakorafa sich so ärgert. Mit dieser Wut ist sie nicht allein, weshalb die Panhellenische Sozialistische Bewegung, kurz Pasok, die in Griechenland seit 20 Jahren fast ununterbrochen die Macht in Händen hält, sogar die kommenden Parlamentswahlen verlieren dürfte, denn sie hat es gar zu bunt getrieben mit der Liebe zu den speziellen griechischen Sportarten.


Sofia Sakorafa hat nichts gegen die Pasok, sie gehört selbst ihrem Führungskreis an. Deshalb hat sie im März 2002 auch an Premier Kostas Simitis geschrieben. Es war ein ziemlich heftiger Brief. Der Grund ihrer Philippika: ein riesiger Bauplatz im Norden Athens, im Stadtteil Maroussi. Zufällig lebt Sofia Sakorafa in Maroussi. Weniger zufällig ist, dass jener Bauplatz sich neben dem Olympiastadion befindet, in goldener Lage also. Reserviert war zumindest ein Teil des Geländes seit langem für Sozialwohnungen. Ein Ministerbeschluss aber erlaubt dem Großinvestor Spiros Latsis dort den Bau einer pompösen Shopping Mall und die Errichtung des olympischen Media Village für die internationale Journalistenschar.


Das Ganze ist illegal. Das hat das höchste griechische Verwaltungsgericht aufgrund von Bürgerklagen festgestellt. Das Urteil trägt das Datum vom 9. Juni. Nur: Auf der Baustelle drehen sich die Kräne weiter und die Stockwerke wachsen in den stahlblauen Sommerhimmel hinein. Und das macht die sportliche Grand Dame so wütend. Aber eben nicht nur sie.


Viele Griechen haben die Nase voll von der Chuzpe, mit der die Pasok, die als einzige europäische Regierungspartei noch das Wort sozialistisch im Namen führt, das Land nach Gutsherrenart verwaltet. Die Pasok versuche „nouveau riche und Populismus“ zu mixen, beschreibt die konservative Zeitung Kathimerini den spezifisch hellenischen Sozialismus. Das Konzept funktioniert immer weniger. Würde jetzt in Griechenland gewählt und nicht erst im nächsten Jahr, nur wenige Monate vor der Sommer-Olympiade 2004, würde die Pasok haushoch verlieren. In allen Umfragen liegt sie weit hinter den Konservativen der Nea Dimokratia.


Den 67-jährigen Juristen Kostas Simitis, der immer ein wenig unterkühlt wirkt, macht die schlechte Stimmung nervös. Am heutigen Montag endet die sechsmonatige EU-Präsidentschaft Griechenlands. Eine Aufgabe, die Simitis und sein eleganter Außenminister Giorgos Papandreou mit hohem Geschick und mediterraner Herzlichkeit bewältigt haben. Aber mit außenpolitischer Brillanz lassen sich keine Wahlen gewinnen, weshalb Simitis in den ersten zehn Juli-Tagen sein Kabinett umbilden will, um zu retten, was zu retten ist. Denn es gibt noch andere Skandale.


Dazu gehört die Geschichte von Michalis Neonakis. Sie spielt zu jener Zeit, als in Athen ein einfaches Mittagessen noch 1000 Drachmen kostete. 21,8 Milliarden Drachmen waren da eine riesige Summe, die, zu Geldbündeln verschnürt, womöglich die Säulenhöhe der Akropolis erreicht hätte. Genosse Michalis Neonakis müsste es genauer wissen. Er hat mit denDrachmen- Milliarden, umgerechnet 65Millionen Euro, in den Boomjahren 1998 bis 2000 an der Athener Börse spekuliert. Die Milliarden-Spiele waren nicht illegal. Aber als eine staatliche Untersuchungskommission den Fall jetzt bekannt machte, warf Simitis seinen Vertrauten Neonakis sofort aus dem zehnköpfigen Exekutiv- Komitee der Partei. Ein anderer sozialistischer Börsen-Spekulant, ein Staatsminister, flog aus dem Kabinett. Schließlich ist es einem einfachen Angestellten, der etwa 1000 Euro im Monat verdient und die Pasok wählt, nicht mehr zu erklären, weshalb er im staatlichen Krankenhaus dem Arzt auch noch Bakschisch zustecken soll, während hohe Staatsdiener offensichtlich mit Summen Börsenspiele betreiben können, bei denen es einem schwindlig wird.


Und wenn sich die Partei-Bourgeoisie schon selbst bedient, bedient sich das Volk eben auch selbst. So halten auch die einfachen Leute die Hand auf. Damit wird Griechenland immer teurer, fast überall muss man extra bezahlen. Dafür, dass die Witwenrente rasch überwiesen wird, die Operation im Krankenhaus reibungslos verläuft, ein ausländisches Diplom anerkannt oder der Bauantrag genehmigt wird. „Fakelaki“ heißen die Gefälligkeits-Gebühren. „Rusfeti“ sagt man auch, das klingt nicht so griechisch. „Rüsvet“ ist das türkische Wort für Bestechung.


Der magische Schlüssel


Pantelis Ikonomou sitzt in einem abgedunkelten Büro im feinen Innenstadtviertel Kolonaki, unweit des Parlaments. Mit der Nachmittagshitze möchte der Pasok-Politiker am liebsten auch die bösen Geschichten draußen vor der Tür halten. Ikonomou gehörte 1974 zu den Gründern der Partei. Die Aufbruchstimmung nach dem Fall der griechischen Obristen-Diktatur hatte ihn mitgerissen. „Es war eine absolut faszinierende Zeit“, schwärmt Ikonomou. 23 Jahre war der Mathematikstudent damals, so alt wie sein Sohn heute, der nicht mehr versteht, was so toll sein soll an der Partei, an die sein Vater immer noch glaubt. „Die Pasok hatte den magischen Schlüssel zur Macht“, sagt der Vater. Der Sohn sieht nur, was längst selbstverständlich ist. Den hohen griechischen Lebensstandard etwa und die stabile Demokratie. „Die junge Generation hat ja keine andere Regierung erlebt“, sagt Ikonomou und zündet sich eine Zigarette an. Nicht nur die Hitze macht ihn müde.


Auch die EU gehört zu den Selbstverständlichkeiten, an die sich die Griechen gewöhnt haben. Ikonomou, der nach Mathematik noch Wirtschaft studierte, meint, dass sein Land für Europa zu viel geopfert habe. Die Anpassung an den Euro fordere strikte Ausgabendisziplin. „Unsere traditionellen Wähler spüren das nun an ihren knappen Gehältern. Und der Euro hat die Preise explodieren lassen. Es gibt viele Proteste deshalb.“ Ikonomou aber glaubt, dass seine Partei auch diesmal das Ruder wieder herumreißen werde. Schließlich habe sie das bei den Wahlen 2000 trotz mieser Umfragen auch geschafft. Ikonomou will deshalb wieder kandidieren. Weil alle Kräfte gebraucht würden. Sogar Mimi, Dimitra Liani, die einstige Skandal-Geliebte und Zweit-Ehefrau von Partei-Gründer Andreas Papandreou, will die Pasok fürs Parlament aufstellen. Das sei kein Sommer-Witz, sagt Ikonomou. Der Name des Pasok-Patriarchen, der bis Anfang 1996 Premier war, soll noch immer magische Kraft haben.


Nur 70000 Stimmen retteten die Pasok im Jahr 2000 vor dem Absturz in die Opposition. „Bei der nächsten Wahl wird der Abstand größer sein. Und wir werden vorne sein“, sagt Theodoros Roussopoulos, Sprecher der lange Zweitplatzierten, der Nea Dimokratia, abgekürzt ND. Roussopoulos, ein 39- jähriger, schlanker Managertyp, will aus der allgemeinen Unzufriedenheit Kapital schlagen. „Das ganze System Pasok ist krank“, sagt Roussopoulos, der sein Büro auf Kühlschrank-Temperatur hält. Gegen die griechische Krankheit der großen und kleinen Korruption hat auch die ND kein Patent-Rezept, wie ihr Sprecher zugibt. Aber der ehemalige Fernsehmoderator setzt auf den „Schock- Effekt“, den ein Machtwechsel im Athener Establishment auslösen würde.


Das Problem der Opposition war bislang ihr Chef. Kostas Karamanlis konnte noch nicht beweisen, dass er den magischen Schlüssel zur Macht hat. Regierungserfahrung hat der 46-jährige Jurist und Historiker nicht. In der dynastischen griechischen Demokratie aber zählt auch ein berühmter Name. Konstantinos Karamanlis war erster Regierungschef nach der Diktatur 1974 und später hochangesehener Staatspräsident, der jetzige ND-Chef ist sein Neffe. Doch trotz guter Umfragen hat Roussopoulos das Gefühl, dass die ND nicht wirklich gemocht wird. „Die meisten Medien sind gegen uns“, sagt der Sprecher und blättert zum Beweis durch die fingerdicke Zeitung Ta Nea, um all die Werbe-Anzeigen staatlicher Institutionen zu zeigen, mit denen die Regierung die Medien füttert.


Im Angesicht der Mauschelei


Gewinnt die Nea Dimokratia, wird sie leere Kassen vorfinden. Von 2006 an gibt es auch nicht mehr das viele Geld aus den EU-Töpfen, mit dem in Athen für Olympia gebaut wird. Der Bauboom kurbelt noch die Konjunktur an, aber er bindet auch die Mittel. Simitis, heißt es, habe Olympia gar nicht gewollt. Der Regierungschef hatte andere Ziele. „Er wollte das Image des Landes ändern, aus dem schwarzen Schaf der EU ein geschätztes Mitglied machen“, sagt der Politikwissenschaftler Makarios Drousiotis. Das ist gelungen. In Europa tanzt Griechenland immer weniger aus der Reihe. Die Skandalgeschichten, so sagen Kenner der Parteiinterna, sind dem Premier persönlich peinlich. „Simitis will das alles nicht“, sagt ein Vertrauter. „Aber er kann es nicht verhindern.“


Eiskalte Luft rieselt aus dem Baldachin eines Cafés im feinen Kolonaki und verfliegt in der Sommerhitze. Der kalte Nebel für die Café-Gäste im Freien ist der reine Luxus. „Griechenland ist eine Ein-Drittel-Gesellschaft, einem Drittel geht es sehr gut“, sagt Panagis Galatsatos, der für die Zeitung Ta Nea den Aufstieg der ND beschreibt. Galatsatos glaubt, die Zeichen einer kommenden Krise in Griechenland seien nicht zu übersehen. Die Arbeitslosigkeit steigt, eine überfällige Reform des Rentensystems blieb auf der Strecke, die Gewerkschaften lassen wieder ihre Streik-Muskeln spielen. Denn eine Regierung, der es schlecht geht, ist weich undverspricht Lohnerhöhungen. 30000 neue Teilzeitjobs im öffentlichen Dienst hat sie schon angekündigt. Zuvor hatte Ex-Außenminister Theodoros Pangalos, der bereits als notorischer Stänkerer gilt, seiner Partei vorgeworfen, sie habe sich mit der „griechischen Plutokratie“ verbündet.


Sofia Sakorafa, die Speerwerferin, wird weiter nach dem Recht verlangen. Dass jemand so hartnäckig sein kann, im Angesicht all der Mauscheleien um die Macht, das hatten ihre Widersacher wohl nicht erwartet. „Das ist eine Frage der Stamina“, sagt Sofia Sakorafa. Stamina ist ein anderes Wort für Ausdauer.





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http://sueddeutsche.de/sz/seitedrei/red-artikel5075/
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da kommen einem gelegentlich Zweifel, obwohl ich "überwiegend" auch daran glaube, die Schilderungen von Tobi zum meist erforderlichen "Energieaufwand" sind vollständig zutreffend, die verlorene Zeit und all die Nerven plus letztendlich "good will" nicht mitgerechnet.
Dann aber passieren wieder unendlich unselige Klöpse, siehe den fantastisch deutlichen Beitrag in der FR. Da fragt man sich, wie man einen Staat nennen soll, der die Entscheidungen seines Höchsten Verwaltungsgerichts mißachtet. Wo sind wir ??? Noch in Europa ??? Noch in seinen Werten vom "Rechtsstaat" ???

http://sueddeutsche.de/sz/seitedrei/red-...075/</A&gt;
plus die entsprechende Textkopie aus der SZ:

Korruption in Griechenland: Wenn sich die Partei-Bourgeoisie selbst bedient, bedient sich das Volk eben auch

Eine Frage der Ausdauer

Die EU-Präsidentschaft hat Premier Simitis bewältigt, aber die Griechen haben die Nase voll von der Gutsherrenart, mit der seine Partei regiert

Von Christiane Schlötzer






Athen, 29. Juni – Sofia Sakorafa weiß, was Ausdauer ist. Ihr durchtrainierter Körper verrät es. Das sandfarbene Tunika-Kleid lässt gebräunte muskulöse Oberarme frei. Einen Weltrekord hat sie einst geschafft, im Speerwurf, einer klassischen griechischen Sportart. 1982 war das, und bis heute ist sie eine der großen Damen des griechischen Sports, mit dem Gesicht einer klassischen hellenischen Schönheit und der Figur einer Statue. Auch ihren Speer wirft sie noch. Nicht nur im Stadion. Zuletzt hat Sofia Sakorafa mit aller Kraft auf ein paar Damen und Herren gezielt, die ihr etwas Wertvolles wegnehmen wollen: ihren Glauben an das Recht.Sie hat getroffen, aber nicht gewonnen.


Die kräftige Frau musste lernen, dass in Griechenland derzeit wieder andere klassische Sportarten hoch im Kurs stehen. Diese werden in der Arena der Politik ausgetragen und tragen Namen wie Korruption, Klientelismus und Rechtsbeugung. „Ich bin sehr traurig“, sagt Sofia Sakorafa, und sie meint, ihre Gegner könnten nicht einmal verstehen, warum sie daran leidet, dass Fairness nichts mehr gilt. „Die denken nur an ihr Geschäft, für mich aber war es mein Leben.“


Investition in goldener Lage


Die Leidensgeschichte der Speerwerferin handelt von Athen, dem Austragungsort der Olympischen Spiele 2004, und sie handelt von der griechischen Regierung, die bei Olympia mit hohem Einsatz spielt. Sportlichkeit ist dabei nicht die entscheidende Kategorie. Genau das ist es, worüber Sofia Sakorafa sich so ärgert. Mit dieser Wut ist sie nicht allein, weshalb die Panhellenische Sozialistische Bewegung, kurz Pasok, die in Griechenland seit 20 Jahren fast ununterbrochen die Macht in Händen hält, sogar die kommenden Parlamentswahlen verlieren dürfte, denn sie hat es gar zu bunt getrieben mit der Liebe zu den speziellen griechischen Sportarten.


Sofia Sakorafa hat nichts gegen die Pasok, sie gehört selbst ihrem Führungskreis an. Deshalb hat sie im März 2002 auch an Premier Kostas Simitis geschrieben. Es war ein ziemlich heftiger Brief. Der Grund ihrer Philippika: ein riesiger Bauplatz im Norden Athens, im Stadtteil Maroussi. Zufällig lebt Sofia Sakorafa in Maroussi. Weniger zufällig ist, dass jener Bauplatz sich neben dem Olympiastadion befindet, in goldener Lage also. Reserviert war zumindest ein Teil des Geländes seit langem für Sozialwohnungen. Ein Ministerbeschluss aber erlaubt dem Großinvestor Spiros Latsis dort den Bau einer pompösen Shopping Mall und die Errichtung des olympischen Media Village für die internationale Journalistenschar.


Das Ganze ist illegal. Das hat das höchste griechische Verwaltungsgericht aufgrund von Bürgerklagen festgestellt. Das Urteil trägt das Datum vom 9. Juni. Nur: Auf der Baustelle drehen sich die Kräne weiter und die Stockwerke wachsen in den stahlblauen Sommerhimmel hinein. Und das macht die sportliche Grand Dame so wütend. Aber eben nicht nur sie.


Viele Griechen haben die Nase voll von der Chuzpe, mit der die Pasok, die als einzige europäische Regierungspartei noch das Wort sozialistisch im Namen führt, das Land nach Gutsherrenart verwaltet. Die Pasok versuche „nouveau riche und Populismus“ zu mixen, beschreibt die konservative Zeitung Kathimerini den spezifisch hellenischen Sozialismus. Das Konzept funktioniert immer weniger. Würde jetzt in Griechenland gewählt und nicht erst im nächsten Jahr, nur wenige Monate vor der Sommer-Olympiade 2004, würde die Pasok haushoch verlieren. In allen Umfragen liegt sie weit hinter den Konservativen der Nea Dimokratia.


Den 67-jährigen Juristen Kostas Simitis, der immer ein wenig unterkühlt wirkt, macht die schlechte Stimmung nervös. Am heutigen Montag endet die sechsmonatige EU-Präsidentschaft Griechenlands. Eine Aufgabe, die Simitis und sein eleganter Außenminister Giorgos Papandreou mit hohem Geschick und mediterraner Herzlichkeit bewältigt haben. Aber mit außenpolitischer Brillanz lassen sich keine Wahlen gewinnen, weshalb Simitis in den ersten zehn Juli-Tagen sein Kabinett umbilden will, um zu retten, was zu retten ist. Denn es gibt noch andere Skandale.


Dazu gehört die Geschichte von Michalis Neonakis. Sie spielt zu jener Zeit, als in Athen ein einfaches Mittagessen noch 1000 Drachmen kostete. 21,8 Milliarden Drachmen waren da eine riesige Summe, die, zu Geldbündeln verschnürt, womöglich die Säulenhöhe der Akropolis erreicht hätte. Genosse Michalis Neonakis müsste es genauer wissen. Er hat mit denDrachmen- Milliarden, umgerechnet 65Millionen Euro, in den Boomjahren 1998 bis 2000 an der Athener Börse spekuliert. Die Milliarden-Spiele waren nicht illegal. Aber als eine staatliche Untersuchungskommission den Fall jetzt bekannt machte, warf Simitis seinen Vertrauten Neonakis sofort aus dem zehnköpfigen Exekutiv- Komitee der Partei. Ein anderer sozialistischer Börsen-Spekulant, ein Staatsminister, flog aus dem Kabinett. Schließlich ist es einem einfachen Angestellten, der etwa 1000 Euro im Monat verdient und die Pasok wählt, nicht mehr zu erklären, weshalb er im staatlichen Krankenhaus dem Arzt auch noch Bakschisch zustecken soll, während hohe Staatsdiener offensichtlich mit Summen Börsenspiele betreiben können, bei denen es einem schwindlig wird.


Und wenn sich die Partei-Bourgeoisie schon selbst bedient, bedient sich das Volk eben auch selbst. So halten auch die einfachen Leute die Hand auf. Damit wird Griechenland immer teurer, fast überall muss man extra bezahlen. Dafür, dass die Witwenrente rasch überwiesen wird, die Operation im Krankenhaus reibungslos verläuft, ein ausländisches Diplom anerkannt oder der Bauantrag genehmigt wird. „Fakelaki“ heißen die Gefälligkeits-Gebühren. „Rusfeti“ sagt man auch, das klingt nicht so griechisch. „Rüsvet“ ist das türkische Wort für Bestechung.


Der magische Schlüssel


Pantelis Ikonomou sitzt in einem abgedunkelten Büro im feinen Innenstadtviertel Kolonaki, unweit des Parlaments. Mit der Nachmittagshitze möchte der Pasok-Politiker am liebsten auch die bösen Geschichten draußen vor der Tür halten. Ikonomou gehörte 1974 zu den Gründern der Partei. Die Aufbruchstimmung nach dem Fall der griechischen Obristen-Diktatur hatte ihn mitgerissen. „Es war eine absolut faszinierende Zeit“, schwärmt Ikonomou. 23 Jahre war der Mathematikstudent damals, so alt wie sein Sohn heute, der nicht mehr versteht, was so toll sein soll an der Partei, an die sein Vater immer noch glaubt. „Die Pasok hatte den magischen Schlüssel zur Macht“, sagt der Vater. Der Sohn sieht nur, was längst selbstverständlich ist. Den hohen griechischen Lebensstandard etwa und die stabile Demokratie. „Die junge Generation hat ja keine andere Regierung erlebt“, sagt Ikonomou und zündet sich eine Zigarette an. Nicht nur die Hitze macht ihn müde.


Auch die EU gehört zu den Selbstverständlichkeiten, an die sich die Griechen gewöhnt haben. Ikonomou, der nach Mathematik noch Wirtschaft studierte, meint, dass sein Land für Europa zu viel geopfert habe. Die Anpassung an den Euro fordere strikte Ausgabendisziplin. „Unsere traditionellen Wähler spüren das nun an ihren knappen Gehältern. Und der Euro hat die Preise explodieren lassen. Es gibt viele Proteste deshalb.“ Ikonomou aber glaubt, dass seine Partei auch diesmal das Ruder wieder herumreißen werde. Schließlich habe sie das bei den Wahlen 2000 trotz mieser Umfragen auch geschafft. Ikonomou will deshalb wieder kandidieren. Weil alle Kräfte gebraucht würden. Sogar Mimi, Dimitra Liani, die einstige Skandal-Geliebte und Zweit-Ehefrau von Partei-Gründer Andreas Papandreou, will die Pasok fürs Parlament aufstellen. Das sei kein Sommer-Witz, sagt Ikonomou. Der Name des Pasok-Patriarchen, der bis Anfang 1996 Premier war, soll noch immer magische Kraft haben.


Nur 70000 Stimmen retteten die Pasok im Jahr 2000 vor dem Absturz in die Opposition. „Bei der nächsten Wahl wird der Abstand größer sein. Und wir werden vorne sein“, sagt Theodoros Roussopoulos, Sprecher der lange Zweitplatzierten, der Nea Dimokratia, abgekürzt ND. Roussopoulos, ein 39- jähriger, schlanker Managertyp, will aus der allgemeinen Unzufriedenheit Kapital schlagen. „Das ganze System Pasok ist krank“, sagt Roussopoulos, der sein Büro auf Kühlschrank-Temperatur hält. Gegen die griechische Krankheit der großen und kleinen Korruption hat auch die ND kein Patent-Rezept, wie ihr Sprecher zugibt. Aber der ehemalige Fernsehmoderator setzt auf den „Schock- Effekt“, den ein Machtwechsel im Athener Establishment auslösen würde.


Das Problem der Opposition war bislang ihr Chef. Kostas Karamanlis konnte noch nicht beweisen, dass er den magischen Schlüssel zur Macht hat. Regierungserfahrung hat der 46-jährige Jurist und Historiker nicht. In der dynastischen griechischen Demokratie aber zählt auch ein berühmter Name. Konstantinos Karamanlis war erster Regierungschef nach der Diktatur 1974 und später hochangesehener Staatspräsident, der jetzige ND-Chef ist sein Neffe. Doch trotz guter Umfragen hat Roussopoulos das Gefühl, dass die ND nicht wirklich gemocht wird. „Die meisten Medien sind gegen uns“, sagt der Sprecher und blättert zum Beweis durch die fingerdicke Zeitung Ta Nea, um all die Werbe-Anzeigen staatlicher Institutionen zu zeigen, mit denen die Regierung die Medien füttert.


Im Angesicht der Mauschelei


Gewinnt die Nea Dimokratia, wird sie leere Kassen vorfinden. Von 2006 an gibt es auch nicht mehr das viele Geld aus den EU-Töpfen, mit dem in Athen für Olympia gebaut wird. Der Bauboom kurbelt noch die Konjunktur an, aber er bindet auch die Mittel. Simitis, heißt es, habe Olympia gar nicht gewollt. Der Regierungschef hatte andere Ziele. „Er wollte das Image des Landes ändern, aus dem schwarzen Schaf der EU ein geschätztes Mitglied machen“, sagt der Politikwissenschaftler Makarios Drousiotis. Das ist gelungen. In Europa tanzt Griechenland immer weniger aus der Reihe. Die Skandalgeschichten, so sagen Kenner der Parteiinterna, sind dem Premier persönlich peinlich. „Simitis will das alles nicht“, sagt ein Vertrauter. „Aber er kann es nicht verhindern.“


Eiskalte Luft rieselt aus dem Baldachin eines Cafés im feinen Kolonaki und verfliegt in der Sommerhitze. Der kalte Nebel für die Café-Gäste im Freien ist der reine Luxus. „Griechenland ist eine Ein-Drittel-Gesellschaft, einem Drittel geht es sehr gut“, sagt Panagis Galatsatos, der für die Zeitung Ta Nea den Aufstieg der ND beschreibt. Galatsatos glaubt, die Zeichen einer kommenden Krise in Griechenland seien nicht zu übersehen. Die Arbeitslosigkeit steigt, eine überfällige Reform des Rentensystems blieb auf der Strecke, die Gewerkschaften lassen wieder ihre Streik-Muskeln spielen. Denn eine Regierung, der es schlecht geht, ist weich undverspricht Lohnerhöhungen. 30000 neue Teilzeitjobs im öffentlichen Dienst hat sie schon angekündigt. Zuvor hatte Ex-Außenminister Theodoros Pangalos, der bereits als notorischer Stänkerer gilt, seiner Partei vorgeworfen, sie habe sich mit der „griechischen Plutokratie“ verbündet.


Sofia Sakorafa, die Speerwerferin, wird weiter nach dem Recht verlangen. Dass jemand so hartnäckig sein kann, im Angesicht all der Mauscheleien um die Macht, das hatten ihre Widersacher wohl nicht erwartet. „Das ist eine Frage der Stamina“, sagt Sofia Sakorafa. Stamina ist ein anderes Wort für Ausdauer.





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http://sueddeutsche.de/sz/seitedrei/red-artikel5075/
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Theorie und Praxis in Recht und Gesetz - von psilos - 21.07.2003, 08:29:12
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