Neue Schlagzeile : Schulz vs. Berlusconi

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#6
Tobi und Carmen, Ihr definiert Stolz anders als ich. Es geht letztendlich darum, welches Wort für z.B. "Gruppenzugehörigkeit" oder ein schwer bestimmbares gutes Gefühl etwas erreicht zu haben" substituiert werden kann. Für Euch scheint "Stolz" ein eher gefährlicher und negativ besetzter Begriff zu sein. Für mich nicht.

Es ist so ähnlich wie bei den Anzeigen der Betonindustrie: "Beton (Stolz) - es kommt darauf an, was man daraus macht (und wie man es sieht)." Wenn ich stolz darauf bin, weiß zu sein, wenn ich einen Schwarzen sehe, bin ich nur ein dummer Rassist. Wenn ich stolz darauf bin daß ich einen Marathonlauf unter drei Stunden absolviert habe [läge mir übrigens fern!], bin ich vielleicht ein kleines bißchen eitel, aber wenn mir Fitness ein gutes Gefühl gibt und ich nicht auf alle langsameren Leute mit Verachtung herabsehe...was soll's?

Eben so kann ich stolz darauf sein einer größeren Gruppe anzugehören, inklusive einer Nation. Dazu gehört nicht nur, dass ich auf die "Leistungen" dieser Gruppe stolz bin (im Sport, in der Technologie, etc.), sondern auch, daß ich mich insgesamt mit dieser Gruppe identifiziere, und zwar über die gleiche Sozialisation (z.B. Kinderlieder), mehr oder minder gleiche Wertvorstellungen (z.B. Frauen sollten nicht nur verschleiert durchs Leben gehen dürfen) und andere kulturelle Gemeinsamkeiten (u.a. die Sprache). Ich kann das im Grunde gar nicht verhindern, wenn ich in diese Gruppen hineingeboren worden bin. Ich kann also beispielsweise auch "stolz" darauf sein, dass Frauen in Deutschland weniger diskriminiert werden als in vielen anderen Gesellschaften. Ich habe das aber nicht selbst erreicht, höchstens trage ich einen winzig kleinen Anteil in meiner täglichen Existenz dazu bei.

Mit anderen Worten: Was Du, Tobi, als starkes Gefühl der Gruppenzugehörigkeit im Stadion bezeichnest, bezeichne ich als Stolz auf die Leistungen der "eigenen" Mannschaft. Wenn Du nun aus diesem Stolz heraus bei Niederlagen auf die Fans der anderen Mannschaft einprügelst, wäre das eine sehr negative Eigenschaft. Wenn Du singend in die Kneipe ziehst und bei Siegen einfach nur fröhlich bist, halte ich diesen "Stolz" für vollkommen ok. Das ist auch "Stolz" auf etwas, dass man nicht selbst, sondern nur die Gruppe, zu der man sich zugehörig fühlt erreicht hat.

Noch anders gesagt (an Tobi): Die deutsche Fußballnationalmannschaft ist eine höchst willkürlich zusammengestellte Einheit, deren einzig definierendes Kennzeichen ist, dass alle Spieler die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Freust Du Dich, wenn diese Mannschaft gewinnt? Ich würde sagen, ich bin stolz, wenn es passiert (ok, nicht bei jedem Spiel, aber die Vizeweltmeisterschaft war schon ein Anlaß dazu). Das ist RELATIV unabhängig von der eigentlichen Leistung auf dem Platz; auch wenn die Mannschaft schlechter spielt als der Gegner, möchte ich, dass sie gewinnt. Und warum? Nicht weil ich ein persönliches Verhältnis zu einigen Spielern habe, nicht weil ich persönlich von einem Sieg profitiere, nein NUR weil ich Deutscher bin und dies eine Mannschaft ist, die Deutschland repräsentiert. Ein Sieg der Mannschaft hat überhaupt nicht mit meiner eigenen Leistung zu tun.

"Einige wollen es nicht wahrhaben". Ist sicherlich mißverständlich formuliert. Ich meine damit eben, dass nach meiner Definition jeder auf irgend etwas stolz ist und dass meist auch das Zusammengehörigkeitsgefühl einer Gruppe dabei im Spiel ist. Wenn Ihr, Tobi und Carmen, dabei bleibt, dass ihr Stolz und Gruppenzugehörigkeit unabhängig voneinander sehen wollt, ist das Euer gutes Recht.

Übrigens: Problem Steigerung des eigenen Egos und Abwertung von Anderen. Klar, das tut man, wenn man stolz ist. Aber das ist auch nur eine normale menschliche Eigenschaft. Jeder Mensch läuft vergleichend und bewertend durchs Leben. Es kommt darauf an, dass man andere möglichst nicht bewußt dabei verletzt. Vermeiden läßt es sich aber beim besten Willen manchmal nicht.

Und noch einmal ganz zum Schluß: Carmen, Du sagtest, dass Du einem Griechen erklären mußtest, Dich als als Deutsche der Nachkriegsgeneration nicht für die Nazizeit zu schämen und keinerlei Schuldgefühl für die damaligen Untatenden zu haben. Ich sage das auch von mir, wenn ich gefragt werde. Ich füge an, dass ich als Deutscher aber ein besonderes Verantwortungsbewußtsein besitze, dass so etwas sich nicht noch einmal wiederholt.

Grüße,
Rainer

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#6
Tobi und Carmen, Ihr definiert Stolz anders als ich. Es geht letztendlich darum, welches Wort für z.B. "Gruppenzugehörigkeit" oder ein schwer bestimmbares gutes Gefühl etwas erreicht zu haben" substituiert werden kann. Für Euch scheint "Stolz" ein eher gefährlicher und negativ besetzter Begriff zu sein. Für mich nicht.

Es ist so ähnlich wie bei den Anzeigen der Betonindustrie: "Beton (Stolz) - es kommt darauf an, was man daraus macht (und wie man es sieht)." Wenn ich stolz darauf bin, weiß zu sein, wenn ich einen Schwarzen sehe, bin ich nur ein dummer Rassist. Wenn ich stolz darauf bin daß ich einen Marathonlauf unter drei Stunden absolviert habe [läge mir übrigens fern!], bin ich vielleicht ein kleines bißchen eitel, aber wenn mir Fitness ein gutes Gefühl gibt und ich nicht auf alle langsameren Leute mit Verachtung herabsehe...was soll's?

Eben so kann ich stolz darauf sein einer größeren Gruppe anzugehören, inklusive einer Nation. Dazu gehört nicht nur, dass ich auf die "Leistungen" dieser Gruppe stolz bin (im Sport, in der Technologie, etc.), sondern auch, daß ich mich insgesamt mit dieser Gruppe identifiziere, und zwar über die gleiche Sozialisation (z.B. Kinderlieder), mehr oder minder gleiche Wertvorstellungen (z.B. Frauen sollten nicht nur verschleiert durchs Leben gehen dürfen) und andere kulturelle Gemeinsamkeiten (u.a. die Sprache). Ich kann das im Grunde gar nicht verhindern, wenn ich in diese Gruppen hineingeboren worden bin. Ich kann also beispielsweise auch "stolz" darauf sein, dass Frauen in Deutschland weniger diskriminiert werden als in vielen anderen Gesellschaften. Ich habe das aber nicht selbst erreicht, höchstens trage ich einen winzig kleinen Anteil in meiner täglichen Existenz dazu bei.

Mit anderen Worten: Was Du, Tobi, als starkes Gefühl der Gruppenzugehörigkeit im Stadion bezeichnest, bezeichne ich als Stolz auf die Leistungen der "eigenen" Mannschaft. Wenn Du nun aus diesem Stolz heraus bei Niederlagen auf die Fans der anderen Mannschaft einprügelst, wäre das eine sehr negative Eigenschaft. Wenn Du singend in die Kneipe ziehst und bei Siegen einfach nur fröhlich bist, halte ich diesen "Stolz" für vollkommen ok. Das ist auch "Stolz" auf etwas, dass man nicht selbst, sondern nur die Gruppe, zu der man sich zugehörig fühlt erreicht hat.

Noch anders gesagt (an Tobi): Die deutsche Fußballnationalmannschaft ist eine höchst willkürlich zusammengestellte Einheit, deren einzig definierendes Kennzeichen ist, dass alle Spieler die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Freust Du Dich, wenn diese Mannschaft gewinnt? Ich würde sagen, ich bin stolz, wenn es passiert (ok, nicht bei jedem Spiel, aber die Vizeweltmeisterschaft war schon ein Anlaß dazu). Das ist RELATIV unabhängig von der eigentlichen Leistung auf dem Platz; auch wenn die Mannschaft schlechter spielt als der Gegner, möchte ich, dass sie gewinnt. Und warum? Nicht weil ich ein persönliches Verhältnis zu einigen Spielern habe, nicht weil ich persönlich von einem Sieg profitiere, nein NUR weil ich Deutscher bin und dies eine Mannschaft ist, die Deutschland repräsentiert. Ein Sieg der Mannschaft hat überhaupt nicht mit meiner eigenen Leistung zu tun.

"Einige wollen es nicht wahrhaben". Ist sicherlich mißverständlich formuliert. Ich meine damit eben, dass nach meiner Definition jeder auf irgend etwas stolz ist und dass meist auch das Zusammengehörigkeitsgefühl einer Gruppe dabei im Spiel ist. Wenn Ihr, Tobi und Carmen, dabei bleibt, dass ihr Stolz und Gruppenzugehörigkeit unabhängig voneinander sehen wollt, ist das Euer gutes Recht.

Übrigens: Problem Steigerung des eigenen Egos und Abwertung von Anderen. Klar, das tut man, wenn man stolz ist. Aber das ist auch nur eine normale menschliche Eigenschaft. Jeder Mensch läuft vergleichend und bewertend durchs Leben. Es kommt darauf an, dass man andere möglichst nicht bewußt dabei verletzt. Vermeiden läßt es sich aber beim besten Willen manchmal nicht.

Und noch einmal ganz zum Schluß: Carmen, Du sagtest, dass Du einem Griechen erklären mußtest, Dich als als Deutsche der Nachkriegsgeneration nicht für die Nazizeit zu schämen und keinerlei Schuldgefühl für die damaligen Untatenden zu haben. Ich sage das auch von mir, wenn ich gefragt werde. Ich füge an, dass ich als Deutscher aber ein besonderes Verantwortungsbewußtsein besitze, dass so etwas sich nicht noch einmal wiederholt.

Grüße,
Rainer

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