04.07.2003, 08:41:12
Dazu fällt mir eine Stelle aus dem klassischen Antikriegsroman von Erich Maria Remarque "Im Westen nichts Neues" ein, verfilmt 1930 in Hollywood als "All Quiet on the Western Front".
Eine Gruppe deutscher Soldaten im Ersten Weltkrieg sitzt in einer Gefechtspause beisammen. Einer fragt: "Wie entstehen eigentlich Kriege?". Ein anderer sagt: "Na ja, ein Land beleidigt das andere." Darauf ein Dritter: "Wie muß ich mir das vorstellen? Kommt da ein französischer Baum zu einem deutschen Fluß und beleidigt ihn?"
Ich habe das sinngemäß und nicht wortgetreu wiedergegeben. Aber es läßt sich auch gut auf das "beleidigte Volk" übertragen. Nationalstolz ist im Prinzip eine gute und vor allem unabdingbare Sache. Es gehört zur menschlichen Identität sich zu allen möglichen Gruppen zugehörig zu fühlen. Bei den einen ist er stärker, bei den anderen schwächer ausgeprägt. Es ist richtig, dass Deutschland aufgrund seiner Vergangenheit ein Problem damit hat, Nationalstolz zu entwickeln und zu zeigen. Viele Amerikaner haben Aufkleber am Auto "American and proud of it" (So ein vor 40 Jahren aus Griechenland eingewanderte Onkel meiner Frau, der nur gebrochen Englisch spricht und jedes Mal weint, wenn sein Griechenlandurlaub zu Ende ist.) Wer das gleiche in D macht ist meist ein Neonazi.
Ich bin z.B. stolz darauf, dass es in D nicht diesen, wie ich finde, übersteigerten und undifferenzierten [worauf ist der Ami den stolz: Vietnam, Sklaverei, Indianermord? Nein: alte Demokratie, große Autos, starkes Militär, Naturschönheit des Landes, etc.] Nationalstolz gibt, dass D mit seiner Vergangenheit vergleichsweise (siehe andere Länder) offen und ehrlich umgeht und dass es D gelungen ist, auf den Trümmern des Dritten Reichs eine vergleichsweise gut funktionierende Demokratie und äusserst friedliche Gesellschaft aufzubauen. Auch das kann Nationalstolz sein.
Stellt Euch mal vor, Berlusconi hätte einen Griechen in gleicher Weise2 "beleidigt". Wäre das auch mit einem kurzen Telefonat abgetan gewesen? [Nicht falsch verstehen, Berlusconi halte ich für einen größenwahnsinnigen Despoten und finde es völlig unverständlich, warum ihn viele Italiener immer wieder wählen]. Ich glaube in GR wären die Wogen der nationalen Empörung derart hochgekocht, dass (für ein paar Tage) niemand mehr Pasta gegessen hätte. OK, das meine ich eher witzig, aber es hätte viel mehr Aufsehen erregt.
Ich habe Anfang der 1990er Jahre einen englischen Kommilitonen mal gefragt, ob er stolz darauf sei. Engländer bzw. Brite zu sein. Er sagte sofort "ja". Auf meine Nachfrage, warum er dies sei, meinte er: "Ich habe befürchtet, dass diese Frage jetzt kommt" und musste dann länger überlegen. Es fiel ihm zur Begründung nur die "Jugendkultur" GBs ein, die seit vielen Jahren tolle Musiker hervorbrächte. OK, er hätte vielleicht auch die alten demokratischen Traditionen (dies bis ins 19. Jh. nicht so richtig demokratisch waren) erwähnen können. Aber hätte er vom Imperialismus sprechen sollen, von der britischen Unterdrückung vieler Völker für viele Jahre?
Ich will damit sagen, dass jeder (auch die am wenigsten nationalistisch eingestellten) in irgend einer Weise stolz auf ihre Herkunft sind. Es gehört nun mal zur persönlichen Identität. Warum sagen dann so viele Deutsche, dass sie sich schämen Deutsche zu sein? Selbst die sind in irgend einer Weise stolz auf ihre Herkunft. Sie meinen dann halt nicht die deutsche Geschichte, aber frag sie mal nach deutscher Technologie, nach Bier, den "deutschen Tugenden". Auf irgend eine "national" definierte oder bedingte Eigenschaft oder Errungenschaft ist jeder stolz. Nur begründen können es die wenigsten, und einige wollen es nicht wahrhaben.
Erst mal genug dazu.
Grüße,
Rainer
Eine Gruppe deutscher Soldaten im Ersten Weltkrieg sitzt in einer Gefechtspause beisammen. Einer fragt: "Wie entstehen eigentlich Kriege?". Ein anderer sagt: "Na ja, ein Land beleidigt das andere." Darauf ein Dritter: "Wie muß ich mir das vorstellen? Kommt da ein französischer Baum zu einem deutschen Fluß und beleidigt ihn?"
Ich habe das sinngemäß und nicht wortgetreu wiedergegeben. Aber es läßt sich auch gut auf das "beleidigte Volk" übertragen. Nationalstolz ist im Prinzip eine gute und vor allem unabdingbare Sache. Es gehört zur menschlichen Identität sich zu allen möglichen Gruppen zugehörig zu fühlen. Bei den einen ist er stärker, bei den anderen schwächer ausgeprägt. Es ist richtig, dass Deutschland aufgrund seiner Vergangenheit ein Problem damit hat, Nationalstolz zu entwickeln und zu zeigen. Viele Amerikaner haben Aufkleber am Auto "American and proud of it" (So ein vor 40 Jahren aus Griechenland eingewanderte Onkel meiner Frau, der nur gebrochen Englisch spricht und jedes Mal weint, wenn sein Griechenlandurlaub zu Ende ist.) Wer das gleiche in D macht ist meist ein Neonazi.
Ich bin z.B. stolz darauf, dass es in D nicht diesen, wie ich finde, übersteigerten und undifferenzierten [worauf ist der Ami den stolz: Vietnam, Sklaverei, Indianermord? Nein: alte Demokratie, große Autos, starkes Militär, Naturschönheit des Landes, etc.] Nationalstolz gibt, dass D mit seiner Vergangenheit vergleichsweise (siehe andere Länder) offen und ehrlich umgeht und dass es D gelungen ist, auf den Trümmern des Dritten Reichs eine vergleichsweise gut funktionierende Demokratie und äusserst friedliche Gesellschaft aufzubauen. Auch das kann Nationalstolz sein.
Stellt Euch mal vor, Berlusconi hätte einen Griechen in gleicher Weise2 "beleidigt". Wäre das auch mit einem kurzen Telefonat abgetan gewesen? [Nicht falsch verstehen, Berlusconi halte ich für einen größenwahnsinnigen Despoten und finde es völlig unverständlich, warum ihn viele Italiener immer wieder wählen]. Ich glaube in GR wären die Wogen der nationalen Empörung derart hochgekocht, dass (für ein paar Tage) niemand mehr Pasta gegessen hätte. OK, das meine ich eher witzig, aber es hätte viel mehr Aufsehen erregt.
Ich habe Anfang der 1990er Jahre einen englischen Kommilitonen mal gefragt, ob er stolz darauf sei. Engländer bzw. Brite zu sein. Er sagte sofort "ja". Auf meine Nachfrage, warum er dies sei, meinte er: "Ich habe befürchtet, dass diese Frage jetzt kommt" und musste dann länger überlegen. Es fiel ihm zur Begründung nur die "Jugendkultur" GBs ein, die seit vielen Jahren tolle Musiker hervorbrächte. OK, er hätte vielleicht auch die alten demokratischen Traditionen (dies bis ins 19. Jh. nicht so richtig demokratisch waren) erwähnen können. Aber hätte er vom Imperialismus sprechen sollen, von der britischen Unterdrückung vieler Völker für viele Jahre?
Ich will damit sagen, dass jeder (auch die am wenigsten nationalistisch eingestellten) in irgend einer Weise stolz auf ihre Herkunft sind. Es gehört nun mal zur persönlichen Identität. Warum sagen dann so viele Deutsche, dass sie sich schämen Deutsche zu sein? Selbst die sind in irgend einer Weise stolz auf ihre Herkunft. Sie meinen dann halt nicht die deutsche Geschichte, aber frag sie mal nach deutscher Technologie, nach Bier, den "deutschen Tugenden". Auf irgend eine "national" definierte oder bedingte Eigenschaft oder Errungenschaft ist jeder stolz. Nur begründen können es die wenigsten, und einige wollen es nicht wahrhaben.
Erst mal genug dazu.
Grüße,
Rainer