02.07.2003, 06:31:39
Oft genung habe ich gedacht, ich bin stolz ein Grieche zu sein. Oft genung habe ich gedacht, ich bin froh, Deutsch zu sein.
Oft genug habe ich mir gedacht, dass deshalb nicht mit der Heugabel am anschlag auf jene zurenne die weder das eine noch das andere sind.
Ethnisch, ja, Nationalistisch, nein.
Es ist gut, wenn man Voelker durch gewisse Merkmale unterscheiden kann. Sicherlich sehe ich optisch anders aus, spreche eine andere Sprache und habe ein anderes Temperament als meine sehr verehrte Norweger. Das macht sie nicht "mehr" oder "weniger" in einer Wertungsskala !
Darum geht es doch eigentlich. Ethnische Abwertungen sind spätestens nach Auflösung der NSDAP "Out". Das wissen wir alle.
Wegen der Sprache, da ist es nicht so einfach. Klar hat Homer eine andere gesprochen als Aristoteles, das leigt aber nicht nur an der Wandlung durch den Faktor Zeit...!
Da war noch was anderes dabei! Die Hellenen, die waren nicht alle untereinander ein-eiige-Zwillinge ! Das ist auch so ein Punkt, wo wir heute gerne leicht ungenau behandeln, weil es uns so leichter fällt...
Die griechische Kultur war damals im Balkan und Kleinasien und später auch in Süditalien und Südspanien und teilweise auch weiter weg, nun, die war sehr beleibt und verbreitet und hatte den Status einer "Zivilisation" gehabt. Ne, ich will keine analogie bringen, das hetzt nur auf.
Warum ausgerechnet im Land, wo die olympische Spiele geboren wurden und Aristoteles wanderte, ein Kauderwelsch aus Griechisch, Italienisch, Türkisch und Albanisch gesprochen werden muss, wo die altgriechische Sprache wesentlich besser strukturiert und aussagekräftiger ist, das verstehe ich nicht.
Das Neugriechisch besteht hauptsächlich aus Modewörter, Floskeln und als einanderreihung vorgefertigter Sätzte. Das fällt mir heute so extrem auf, wo meine Frau griechisch lernen will. Fast jedes zuweite Wort hat acht verschiedene Bedeutungen. Ich höre mich oft sagen, ja, den Sinn erkennst du im Satz. Ist das der Sinn einer aussagekräftigen Sprache?
Bei mir, im technischen Bereich, fast alles erfundene Worte schlechter Qualität oder von der Aussage her schwach. Höre mal griechische Ingenieure sagen "auto pou gyrnaei to (irgendwas)". Der deutsche sagt "Drehung" "Steuerung" aber nicht "o pinakas tis kinisis". Was ist den der Pinakas der nicht *nur* kinisi gibt?
Man sagt "Planung", aber auf gr ist "sxediasmos" etwas, kann Projektmanagement oder simpel "das zeichnen/aufmalen" bedeuten. Weit gestreut (und sehr weit finanziell dehnbar *hahahaha*)
Ich will jetzt nicht in Detail gehen, sonst verlaufen wir uns in diesem Dädalus-Gebilde. Beispiele werden sich sicherlich genug finden. In jedem Bereich.
Wichtig ist für mich das ambivallente Verhältnis, das der Neugrieche zu Belange der altgriechischen Antike heute hat. Viele wissen über Homer, wenige können ihn lesen. Viele kennen den Namen Aristoteles, wenige aber können die Texte verstehen. Viele Wörter haben eine ganz andere Bedeutung auf Neugriechisch. Das stimmt nicht, dass jeder Neugrieche altgriechisch verstehen kann. Raten kann er, und wenn er Glück hat versteht er nur Bahnhof.
Auf der Seite www.in.gr habe ich schon die Nachrichten geschrieben auf Altgriechisch gefunden. Suche es mal auf und bild dir deine Meinung.
Und dann führe dir geistig folgende Situation vor : der populistische TV Sernder, der endlos labernde Nachrichten-Show-Moderator, der Text auf altgriechisch.... Ne, da würd ich untern Tisch schallend lachend liegen.
Gruss,
Andreas