01.07.2003, 18:07:05
OK, Carmens Wunsch nach Übersichtlichkeit berücksichtigend hier ein neuer Thread. Ich bin aber eigentlich der Ansicht, dass sich das Thema schon ziemlich erschöpft hat. Da Dyonisos mich aber direkt gefragt hat, was ich als Historiker zur Problematik einer "künstlichen" Kontstruktion von Ethnizität sage, in aller Kürze...
Zunächst einmal kenne mich in der Geschichte des Balkans nicht besonders gut aus. Aber, wie Tobi es weiter unten schon gesagt hat, im Grunde ist jede Nation, jede Ethnizität (bezogen auf die moderne, industrialisierte Welt) konstruiert. Die griechische nicht ausgeschlossen und die deutsche erst recht. Es gibt aber noch viel extremere Beispiele. Z.B. die meisten arabischen Staaten, die hauptsächlich künstliche Konstrukte der Kolonialzeit sind. Darum hat sich Saddam H. auch gerne als Nachkomme babylonischer Dynastien feiern lassen, weil sich so eine gewisse, historisch völlig abseitige, irakische Identität herstellen ließ (glaubte er). "Die Deutschen" sind auch nur eine Sammlung von Stämmen, die erst durch Fürsten in staatenähnliche Gebilde, dann durch das überstarke Preussen in einen Nationalstaat gepresst wurden. Anno 1871 waren die Elsässer, Pommern, Schlesier etc. ganz selbstverständlich dabei. Die Österreicher wären fast dabei gewesen, wenn sie etwas schwächer gewesen wären. Die Bayern waren, wie auch heute, nur ungern dabei, aber nicht stark genug, um sich zu widersetzen. Also alles völlig künstlich. Und das ist im Falle Makedoniens (er hat es gesagt!) ganz ähnlich.
Zum Thema "Zigeuner". Der Begriff ist keine Eigenbezeichnung der Bezeichneten, sondern ein abwertender Begriff. Es gibt außerdem verschiedene Gruppen, die zusammen das ausmachen, was wir unter "Zigeunern" verstehen. Die in Deutschland lebenden "Zigeuner" sind (übrigens inzwischen fast alle sesshafte und in vielen Berufsgruppen vertretene) Sinti. Die in Südosteuropa, inkl. GR, sind Roma. So nennen sie sich auch selbst. Die Menschen, die wir in Deutschland manchmal in Fußgängerzonen betteln sehen und landläufig als "Zigeuner" bezeichnen, sind auch ganz überwiegend Roma, meist aus Ex-Jugoslawien.
Grüße,
Rainer
Zunächst einmal kenne mich in der Geschichte des Balkans nicht besonders gut aus. Aber, wie Tobi es weiter unten schon gesagt hat, im Grunde ist jede Nation, jede Ethnizität (bezogen auf die moderne, industrialisierte Welt) konstruiert. Die griechische nicht ausgeschlossen und die deutsche erst recht. Es gibt aber noch viel extremere Beispiele. Z.B. die meisten arabischen Staaten, die hauptsächlich künstliche Konstrukte der Kolonialzeit sind. Darum hat sich Saddam H. auch gerne als Nachkomme babylonischer Dynastien feiern lassen, weil sich so eine gewisse, historisch völlig abseitige, irakische Identität herstellen ließ (glaubte er). "Die Deutschen" sind auch nur eine Sammlung von Stämmen, die erst durch Fürsten in staatenähnliche Gebilde, dann durch das überstarke Preussen in einen Nationalstaat gepresst wurden. Anno 1871 waren die Elsässer, Pommern, Schlesier etc. ganz selbstverständlich dabei. Die Österreicher wären fast dabei gewesen, wenn sie etwas schwächer gewesen wären. Die Bayern waren, wie auch heute, nur ungern dabei, aber nicht stark genug, um sich zu widersetzen. Also alles völlig künstlich. Und das ist im Falle Makedoniens (er hat es gesagt!) ganz ähnlich.
Zum Thema "Zigeuner". Der Begriff ist keine Eigenbezeichnung der Bezeichneten, sondern ein abwertender Begriff. Es gibt außerdem verschiedene Gruppen, die zusammen das ausmachen, was wir unter "Zigeunern" verstehen. Die in Deutschland lebenden "Zigeuner" sind (übrigens inzwischen fast alle sesshafte und in vielen Berufsgruppen vertretene) Sinti. Die in Südosteuropa, inkl. GR, sind Roma. So nennen sie sich auch selbst. Die Menschen, die wir in Deutschland manchmal in Fußgängerzonen betteln sehen und landläufig als "Zigeuner" bezeichnen, sind auch ganz überwiegend Roma, meist aus Ex-Jugoslawien.
Grüße,
Rainer