Der Gast

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#4
Carmen schrieb:
> Nun hab ich es wieder gelesen, ich bin “Gast” in Griechenland. Das wird vermutlich dadurch definiert, dass ich nicht den griechischen Pass habe? Ich bin also „Gast“, vermutlich zahlender Dauergast...?

Das ist in der Tat eine interessante Frage.
Ein "Gast" ist doch jemand, den man freiwillig bei sich aufnimmt und von da an hofft, dass er irgendwann wieder geht.
Solange aber hat man ihn mit Respekt zu behandeln, so, wie man im Haus des Gastes auch behandelt werden moechte.
Keinesfalls unternimmt man Anstrengungen, ihm das Leben unangenehm zu machen.
Die Pflichten des Gastes liegen wiederum darin, sich wie ein solcher zu benehmen. Das heisst, er nutzt die Gastfreundschaft nicht aus, indem er den Kuehlschrank leerfrisst und der Frau Gastgeberin ins Dekollete ruelpst.
In jedem Fall geniesst ein Gast kein Hausrecht. Er darf niemanden einladen oder rauswerfen, und er darf auch nicht bestimmen, in welcher Farbe das Klo gestrichen wird.
Er hat also weniger Rechte als der Hauseiegentuemer.
Allerdings hat er auch weniger Pflichten:
Er braucht das furchtbar gestrichene Klo i.d.R. nicht zu putzen, er muss den Kuehlschrank nicht selbst mitbringen und er muss nicht zum Finanzamt laufen, um die Steuerpapiere fuer das Haus seines gastgebers abzuholen, es sei denn, er taete das freiwillig Wink

Vielleicht kann man sich anhand dieser zugegeben etwas schillernden Beispiele auf eine Definition des Gastes einigen, die in diese Richtung geht.

In dem falle waere ich ganz sicher kein Gast:
Ich zahle meine Steuern hier und ausschliesslich hier, dafuer darf ich auch bestimmen, welcher Nomarchis uns in den naechsten 4 Jahren das Leben vergraetzt.
Ich darf hier alles benutzen, ohne zu fragen, denn ich zahle dafuer.
Ich darf am oeffentlichen Leben teilnehmen, denn ich bin teil des oeffentlichen Lebens, ob ich will oder nicht.

Niemand kann mich mit einem froehlichen "Feierabend!" auf den Lippen zwingen,morgen frueh das Land zu verlassen, selbst wenn ich Frau Nomarchis ins Dekollete ruelpse.

Also bin ich kein Gast. Ganz sicher nicht.
Aber was bin ich dann?

Ich bin Auslaender, klar, das werde ich immer bleiben und ich glaube, das will ich auch. Ich will keinen griechischen Pass und ich will keine griechische Fahne in meinem Garten.
jetzt wirds schwierig, gell?
Denn wenn ich kein Gast bin und kein Grieche, was bin ich dann?

Ich glaube, ich bin "Einwohner".
Ich bin Einwohner von Samos, weil ich die Moeglichkeit dazu hatte, das *relativ* einfach durchziehen zu koennen und weil mir das rechtlich von der europaeischen gemeinschaft mit den o.a. Konsequenzen ermoeglicht wurde.
Das heisst; Die Zeiten, als Auslaender immer "Gaeste" waren, die man rauswerfen konnte, wann es einem passte, sind vorbei.
Das grosse Ideal, mit dem einem der gnadenlose Wirtschaftsterror der EU schmackhaft gemacht wurde, war doch so etwas wie ein grosser Verband
von Europaern, in dem alle irgendwie gleich sind.
Und schwupps - schon haben wir den Salat, wenn's ernst wird Wink

Klar habe ich auch Pflichten, die ueber das Steuerzahlen hinausgehen.
Ich habe die Pflicht, mich schlau zu machen, bevor ich mein Maul aufreisse, und ich habe die Pflicht, meine Mitbuerger so zu behandeln, wie ich auch behandelt werden moechte.
Aber diese Pflichten habe ich auch da, wo ich herkomme.
Ich habe *nicht* die Pflicht, alles zu schlucken, was mir als landestypische Eigenart aufgetischt wird, das muss ich in Bayern auch nicht.


Nun denn - nach Abwaegung meiner Rechte und Pflichten nehme ich ab und zu das Recht in Anspruch, anders zu denken und zu handeln als die ethnische Mehrheit hier.
Dasselbe Recht hat die ethnische Mehrheit dort, wo sie eine Minderheit ist, z.B. in Hamburg, und die meisten Griechen, die ich dort getroffen habe, warens auch mehr oder weniger zufrieden so.

Koennen wir also das "Gast"-Denken nicht einfach mal lassen? Die Zeiten sind nicht mehr danach, sie haben sich geaendert, und wenn es auch eine der ganz wenigen erfreulichen Begleiterscheinungen der EU ist, dann ist das umso mehr ein Grund, uns darueber zu freuen ud das beste draus zu machen.

---Mein Gott, ich sollte Reden fuer Bruder Johannes schreiben--- Wink

Freedom is just another word for people finding out you're useless.
-------------------------------------------------------------------------------------
-Wally-
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#4
Carmen schrieb:
> Nun hab ich es wieder gelesen, ich bin “Gast” in Griechenland. Das wird vermutlich dadurch definiert, dass ich nicht den griechischen Pass habe? Ich bin also „Gast“, vermutlich zahlender Dauergast...?

Das ist in der Tat eine interessante Frage.
Ein "Gast" ist doch jemand, den man freiwillig bei sich aufnimmt und von da an hofft, dass er irgendwann wieder geht.
Solange aber hat man ihn mit Respekt zu behandeln, so, wie man im Haus des Gastes auch behandelt werden moechte.
Keinesfalls unternimmt man Anstrengungen, ihm das Leben unangenehm zu machen.
Die Pflichten des Gastes liegen wiederum darin, sich wie ein solcher zu benehmen. Das heisst, er nutzt die Gastfreundschaft nicht aus, indem er den Kuehlschrank leerfrisst und der Frau Gastgeberin ins Dekollete ruelpst.
In jedem Fall geniesst ein Gast kein Hausrecht. Er darf niemanden einladen oder rauswerfen, und er darf auch nicht bestimmen, in welcher Farbe das Klo gestrichen wird.
Er hat also weniger Rechte als der Hauseiegentuemer.
Allerdings hat er auch weniger Pflichten:
Er braucht das furchtbar gestrichene Klo i.d.R. nicht zu putzen, er muss den Kuehlschrank nicht selbst mitbringen und er muss nicht zum Finanzamt laufen, um die Steuerpapiere fuer das Haus seines gastgebers abzuholen, es sei denn, er taete das freiwillig Wink

Vielleicht kann man sich anhand dieser zugegeben etwas schillernden Beispiele auf eine Definition des Gastes einigen, die in diese Richtung geht.

In dem falle waere ich ganz sicher kein Gast:
Ich zahle meine Steuern hier und ausschliesslich hier, dafuer darf ich auch bestimmen, welcher Nomarchis uns in den naechsten 4 Jahren das Leben vergraetzt.
Ich darf hier alles benutzen, ohne zu fragen, denn ich zahle dafuer.
Ich darf am oeffentlichen Leben teilnehmen, denn ich bin teil des oeffentlichen Lebens, ob ich will oder nicht.

Niemand kann mich mit einem froehlichen "Feierabend!" auf den Lippen zwingen,morgen frueh das Land zu verlassen, selbst wenn ich Frau Nomarchis ins Dekollete ruelpse.

Also bin ich kein Gast. Ganz sicher nicht.
Aber was bin ich dann?

Ich bin Auslaender, klar, das werde ich immer bleiben und ich glaube, das will ich auch. Ich will keinen griechischen Pass und ich will keine griechische Fahne in meinem Garten.
jetzt wirds schwierig, gell?
Denn wenn ich kein Gast bin und kein Grieche, was bin ich dann?

Ich glaube, ich bin "Einwohner".
Ich bin Einwohner von Samos, weil ich die Moeglichkeit dazu hatte, das *relativ* einfach durchziehen zu koennen und weil mir das rechtlich von der europaeischen gemeinschaft mit den o.a. Konsequenzen ermoeglicht wurde.
Das heisst; Die Zeiten, als Auslaender immer "Gaeste" waren, die man rauswerfen konnte, wann es einem passte, sind vorbei.
Das grosse Ideal, mit dem einem der gnadenlose Wirtschaftsterror der EU schmackhaft gemacht wurde, war doch so etwas wie ein grosser Verband
von Europaern, in dem alle irgendwie gleich sind.
Und schwupps - schon haben wir den Salat, wenn's ernst wird Wink

Klar habe ich auch Pflichten, die ueber das Steuerzahlen hinausgehen.
Ich habe die Pflicht, mich schlau zu machen, bevor ich mein Maul aufreisse, und ich habe die Pflicht, meine Mitbuerger so zu behandeln, wie ich auch behandelt werden moechte.
Aber diese Pflichten habe ich auch da, wo ich herkomme.
Ich habe *nicht* die Pflicht, alles zu schlucken, was mir als landestypische Eigenart aufgetischt wird, das muss ich in Bayern auch nicht.


Nun denn - nach Abwaegung meiner Rechte und Pflichten nehme ich ab und zu das Recht in Anspruch, anders zu denken und zu handeln als die ethnische Mehrheit hier.
Dasselbe Recht hat die ethnische Mehrheit dort, wo sie eine Minderheit ist, z.B. in Hamburg, und die meisten Griechen, die ich dort getroffen habe, warens auch mehr oder weniger zufrieden so.

Koennen wir also das "Gast"-Denken nicht einfach mal lassen? Die Zeiten sind nicht mehr danach, sie haben sich geaendert, und wenn es auch eine der ganz wenigen erfreulichen Begleiterscheinungen der EU ist, dann ist das umso mehr ein Grund, uns darueber zu freuen ud das beste draus zu machen.

---Mein Gott, ich sollte Reden fuer Bruder Johannes schreiben--- Wink

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