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Eine nationale Katastrophe - Was kommt danach? - Druckversion

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Eine nationale Katastrophe - Was kommt danach? - Staffi - 26.08.2007

Wir durchleben hier in Griechenland eine der schlimmsten Tragödien der letzten Jahrzehnte.

Eine Tragödie, dessen Ursachen sehr vielschichtig sind. Trockenheit seit Monaten, starke Winde, natürliche Brände, Brände durch Brandstiftung, Brände durch Leichtsinn, Brände durch Fahrlässigkeit, etc.

Menschen sterben, Tiere verenden, Wälder, Plantagen und Felder verbrennen, eine menschliche und ökologische Katastrophe.

Die Regierung versucht die Situation zu handeln, fordert Hilfe aus dem Ausland an, die Feuerwehr, Polizei und andere Hilfseinrichtungen sind absolut überfordert und versuchen gemeinsam mit oft spärlichsten Mitteln und den zahlreichen Betroffenen und Freiwilligen das zu retten was zu retten ist.

Menschen weigern sich Ihre Häuser in den bedrohten Dörfern - trotz Aufforderung zur Evakuierung - zu verlassen weil sie ahnen, das keine Hilfe von den überforderten Einsatzkräften kommen wird. Wenn das Feuer vorbeizieht und die Häuser nicht abbrennen, haben sie nach Meinung Vieler alles richtig gemacht. Werden sie von den Flammen eingeschlossen, bleiben nur die Rettungsversuche, bei dem wieder Andere ihr Leben riskieren - oder - die Trauer der Angehörigen, wenn "die Helden" ums Leben kommen.

Ein Teufelskreis aus dem es zur Zeit kein Entrinnen gibt.

Die nahenden Parlamentswahlen, welche von der Verfassung her nur im Kriegsfall verschoben werden dürften, verhindern ebenfalls, dass es zu einem Zusammenschluss der verschiedenen Amtsträger aller wichtigen Parteien zu einer Art "Kriesenstab" kommt. Aber auch ohne Wahlen würde es sowas warscheinlich nie geben, weil dies in unserem Kulturkreis leider als Schwäche angesehen wird.

Was wird nun kommen?

Eine Phase, in der wir Griechen uns im Rahmen einer nationalen Solidarität der unglaublichen Aufgaben annehmen werden, welche uns nach dieser Katastrophe bevorstehen?

Eine Phase, in der wir Griechen (und zwar ein jeder) uns SELBSTKRITISCH die unangenehmen Fragen stellen werden, was an unserem täglichen eigenen Verhalten die Grundlage für den unzureichenden Umgang mit dieser schwierigen Situation begünstigt?

Eine Phase, in welcher wir Griechen auf die parteipolitische Ausschlachtung dieser Katastrophe verzichten werden, und uns bei der bevorstehenden und leider nicht mehr zu verschiebenden Wahl auf die Themen beschränken, welche ohne die Katastrophe im Vordergrund gestanden hätten?

Eine Phase, in welcher wir einer "überparteilichen Kommision der nationalen Einheit" mit Fachleuten die nun dringende Beantwortung der vielen Fragen aus diesen Ereignissen überlassen?

Mir ist bewusst, dies ist eine Illusion.

Unser Lebensstil, unsere Erziehung und mit welchen Werten wir als Griechen aufwachsen, ist unter anderem dafür verantwortlich, dass wir in glücklichen Momenten so leidenschaftlich Feiern können, in kritischen Momenten es doch noch irgendwie mit unserem Talent zur Improvisation schaffen, und in katastrophalen Momenten dann so tragisch die oftmals schlimme Situation noch verstärken.

Wenn es doch nur eine Möglichkeit geben würde, dass wir aus einer solch grossen nationalen Katastrophe für die Zukunft auch einen grossen Schritt in der selbstkritischen Fortentwicklung von uns als Griechen in unserem soziokulturellen Verhalten machen könnten, es wäre eine kleine Hoffnung.

Statdessen herrscht bei mir die Befürchtung, dass in den nun folgenden Wochen viele grundlegende Fragen, welche diese Katastrophe aufwirft, erst gar nicht gestellt werden und die parteipolitische Beantwortung der oberflächlichen Fragen uns als Land mehr denn je polarisieren und spalten wird.

Ich bin sehr traurig,

Paul


Eine nationale Katastrophe - Was kommt danach? - Tobi - 26.08.2007

Staffi schrieb:Wenn es doch nur eine Möglichkeit geben würde, dass wir aus einer solch grossen nationalen Katastrophe für die Zukunft auch einen grossen Schritt in der selbstkritischen Fortentwicklung von uns als Griechen in unserem soziokulturellen Verhalten machen könnten, es wäre eine kleine Hoffnung.

Statdessen herrscht bei mir die Befürchtung, dass in den nun folgenden Wochen viele grundlegende Fragen, welche diese Katastrophe aufwirft, erst gar nicht gestellt werden und die parteipolitische Beantwortung der oberflächlichen Fragen uns als Land mehr denn je polarisieren und spalten wird.
Ich teile Deine Hoffnung ebensosehr wie Deine Befuerchtung. Die Faehigkeit der Menschen (beileibe nicht nur der Griechen), aus Fehlern zu lernen, wird leider oft ueberschaetzt.

Vielleicht passieren aber auch viele Dinge notgedrungen sehr langsam. Gemeinsinn und Zivilcourage entwickeln sich nirgends ueber Nacht.


Eine nationale Katastrophe - Was kommt danach? - Petzy - 26.08.2007

Ich teile Pauls Befürchtungen ebenso. Das größte Problem ist die griechische Inkonsequenz und die Korruption, egal in welcher Form, da muss noch nicht mal Geld fließen. Deswegen gibt es keine strukturellen Baulandplanungen, kaum örtliche Bebauungspläne, alles ist vage, alles kann unterwandert werden.

In Griechenland muss echt was passieren, so kann kein Land, trotz ständiger EU-Unterstützung überleben.

Petra aus Paros


Eine nationale Katastrophe - Was kommt danach? - omega - 26.08.2007

die Griechen haben 400 Jahre Osmanische Herrschaft überlebt, da werden sie doch mit ihrer Vetterleswirtschaft bequem weiterleben wie bisher


Eine nationale Katastrophe - Was kommt danach? - ben_schu - 26.08.2007

Angesichts solcher Nachrichten unserer staatlichen Nachrichtenorgane, frage ich mich eh schon wieder was hier los ist. Also korrigiert mich bitte wenn ichs falsch interpretiere, aber ich lese aus diesem recht überflüssigen Bericht, "Hey Leute ist das nicht super? Endlich redet mal die ganze Welt über uns!"

http://news.ert.gr/en/c/8/26831.asp


Eine nationale Katastrophe - Was kommt danach? - niki04 - 27.08.2007

Hallo Paul,
dein Beitrag hat bei mir große Betroffenheit ausgelöst, weil er dokumentiert, wie Menschen in Griechenland, auch Griechen selbst, an der griechischen Gesellschaft leiden. Ich habe das immer wieder bei Griechen, die längere Zeit im Ausland gelebt haben, erfahren und beobachtet.

Du hoffst auf nationale Solidarität, Selbstkritik und überparteiliche nationale Einsicht deiner Landsleute und gibst dir selbst sogleich die niederschmetternde Antwort, dass dies eine Illusion ist.
Ja, die kritischen Fragen werden n i c h t g e s t e l l t w e r d en, Selbstkritik wird
n i c h t auftauchen ( die Brandstifter kommen aus der Türkei, aus Albanien oder sind von der CIA !) und das soziokulturelle Verhalten wird sich leider auch in und nach der Katastrophe
n i c h t ändern.

Nach meinen (subjektiven) Beobachtungen wird es vor allem daran liegen, dass sich die überwiegende Mehrzahl der Griechen n i c h t mit ihrem Staat identifiziert (sondern nur in der Katastrophe laut nach ihm schreit, oder irgendwann eine Beamtenstelle ergattern möchte)
n i c h t zu einer wirklich nachhaltige Kooperation fähig und nicht in der Lage ist, weiter als für die nächten drei Tage zuverlässig zu planen. Statt dessen schaut die erwähnte überwiegende Mehrheit deiner Landseute nach dem kurzfristigen eigenen Vorteil, ohne Rücksicht auf die Gesellschaft. Dies ist meine bittere Erkenntnis und ich kann sehr gut verstehen, dass du daran leidest.
Würde es mehr Griechen geben, die so denken, wie du, könnte man Hoffnung haben, dass sich in den nächsten Jahrzehnten in dieser Gesellschaft etwas ändern könnte.
Ich wünsche mir, dass du deine Botschaft selbstbewußt und mutig an deine Freunde und Bekannten weiterträgst. Nur mit diesem Multiplikatoreneffekt hat die Hoffnung einen realen Hintergrund.
Mit dem Bedauern, die keinen zuversichtlicheren Ausblick bieten zu können, grüße ich dich ganz herzlich
aus dem kühler werdenden Lefkas
> FRITZ


Eine nationale Katastrophe - Was kommt danach? - Carmen - 27.08.2007

Ich bin den ersten Tag wieder in der Firma und hatte die zweifelhafte Ehre, auf dem Rueckweg nach Athen 2 Feuer enstehen zu sehen und zwei weitere durch dicke Rauchschwaden, Brandgeruch und Ascheregen aus der Entfernung mitzuerleben. Ich mach mir Sorgen um unsere Forumsmitglieder auf der Peloponnes, ich weiss, dass manche in Bergdoerfern leben. Oder ihr Leben auf Olivenoelproduktion und Blumenzucht ausgerichtet haben. Ich hoffe ganz instaendig, dass niemandem etwas passiert ist und dass sie das Trauma schnell ueberwinden. Wenn jemand Kontakte hat, waere es nett, wenn wir ein kurzes Lebenszeichen erhalten koennten.

Uebrigens zur Stimmung in der Firma, die naturgemaess sehr gedrueckt ist: alle fragen sich, wo eigentlich das Millitaer war die ganze Zeit?


Eine nationale Katastrophe - Was kommt danach? - Tobi - 27.08.2007

Die grossartige Idee, mal in gefaehrdeten Regionen mehr Praesenz zu zeigen, haette denen weiss gott eher kommen koennen, da hast Du Recht. Auf unserem kleinen Felsklumpen sitzen ein paar Tausend, bohren in der Nase, machen sinnlose Uebungen und warten darauf, dass der Tuerke gegenueber Bloedsinn macht. Als ob sie da was ausrichten koennten. Aber wenn sie stattdessen mal regelmaessig durch die Waelder ziehen wuerden, haette das sicher laengst nicht alle, aber doch so einige Braende verhindert.
Leider ist das Selbstverstaendnis der griechischen Armee weit davon entfernt, sich zu etwas so gemeinnuetzigem hinreissen zu lassen. Das muss dann schon angeordnet werden.
Und ich wette jetzt schon - sobald das Groebste vorbei ist, werden sie auch wieder schoen zurueck in ihre Kasernen gehen...


Eine nationale Katastrophe - Was kommt danach? - NaxosNick - 27.08.2007

Wenn irgendwann (im Winter) "Gras" über die Sache gewachsen ist, wird alles wieder so sein wie früher - nur mit ein paar verkohlten Baumstümpfen mehr.

Man wird wieder seinen Privatmüll, Gartenabfall, u.s.w. abfackeln,
Hirten ihre Wiese abbrennen, weil angeblich dann das Gras besser wächst,
Raucher ihre Kippen aus dem Fenster schmeißen,
Wilde Müllkippen mit Batterien, Chemikalien, Gläsern weiter wachsen oder neu angelegt,
Lagerfeuerchen gemacht, u.s.w.

und wenn im Hochsommer es dann wieder brennt (aus den o.g. Gründen) oder wegen der berühmten Ausreden (die selbstverständlich sehr oft stimmen),
also Spekulations-Brandstifter, "Spaß"-Brandstifter, "Rache-" Brandstifter und Pyromanen wieder zuschlagen, dann wird wieder genauso erst geschlafen, zu spät reagiert und irgendwann wieder gejammert - bis dann wieder der Winter kommt.

Fehler sucht man immer bei den anderen...

Brandschutz ist auch Umweltschutz - und davon hat dieses Land und die meisten seiner Bewohner noch keine Ahnung. Die Kykladen beweisen, dass man auch mit kahlen Bergen leben kann...


Eine nationale Katastrophe - Was kommt danach? - Tobi - 27.08.2007

Uebrigens:
Hier hat die freiwillige Feuerwehr ein kleinen Ueberwachungssystem gebaut. Natuerlich gabs keinen Cent vom Staat, also wurde mit alten Videokameras und alten Computern ein kleines System gebastelt, mit dem man wenigstens vom Dorf aus sehen kann, wenns auf dem Berg brennt.
Wieviel mehr koennte man ausrichten, wenn es wenigstens ein bisschen Geld fuer eine gute Auruestung geben wuerde? Man koennte die kritischen Punkte lueckenlos ueberwachen...waere kein riesiges Problem, die Landschaft ist ganz guenstig dafuer hier...
Nach dem grossen Brand vor 7 Jahren wurden vor allem die freiwilligen Feuerwehren gut von vershciednen Organisationen unterstuetzt; es gab auch sehr viel Hilfe aus dem Ausland, durch Material, aber auch Ausbildung. Aber wie immer verliert der Staat ein wenig das Interesse... die Feuerwehr von Pythagorion hat einen 30-Tonnen-Tankwagen, der ist aber kaputt, weil Geld fehlt...
Inzwischen ist die freiwillige Feuerwehr bei uns ein absolut brillanter Haufen; jedes der letzten Feuer wurde sofort gemeldet, es gab Hunderte freiwillige Helfer, die Tag und Nacht dabei waren und das allerwichtigste - es gab eine funktionierende Einsatzleitung. Dadurch konnte in allen Faellen schlimmeres verhindert werden.
Jede Nacht halten Freiwillige (wohlgemerkt! Menschen, die allesamt am naechsten Tag arbeiten muessen!) Wache auf den Bergen, viele Bewohner von gefaehrdeten Gebieten, auch ich, haben Notfalltelefonnummern bekommen, die anzurufen sind - und zwar nicht die normale Fuerwehrhotline, sondern Handnummern der Freiwilligen, damit schnell Hilfe kommt !
Bei allem schlechten, was ich bisweilen ueber meine Gastgeber nicht fuer mich behalten kann: Diese Jungs und Maedels haben meinen allergroessten Respekt.
Was mich daran aufregt: Dass es eben nicht die Regierung ist, die mit den vielen Steuergeldern dafuer sorgt, das hier noch ein paar Baeume stehenbleiben, sondern dass es, wie immer, die Leute selbst in die Hand nehmen muessen.
Was mich aber sehr daran freut:
Dadurch, dass fast jede Familie hier im Norden involviert ist, spuert man das erstemal sowas wie ein gemeinschaftliches Verantwortungsgefuehl.
Will sagen:
Wenn dieses Desaster auf der Peoloponnes wenigstens dafuer gut waere, dann waere wenigstens ein klein wenig gewonnen. Schaun mer mal.


Eine nationale Katastrophe - Was kommt danach? - Carmen - 27.08.2007

Papandreou hat genau das vorgeschlagen: Ein gutorganisiertes, flaechendeckendes System von freiwilligen Feuerwehren. Und auch Notfallplaene fuer Brandfaelle etc.

Die Organisation war/ist tatsaechlich nicht vorhanden, die Regierung hat sich als unfaehig gezeigt und das Millitaer als ueberfluessig. Ich bin nicht der Meinung, dass die Katastrophe spurenlos am Land vorbeigehen wird. Weder so noch so.

Ich kann jetzt im Buero nicht viel tippen, ich denke, dass ich heute abend eine Zusammenfassung geben kann, dessen, was ich 2 Tage lang nachgerade ununterbrochen auf verschiedenen TV-Sendern gesehen habe. Auch ich kann absolut nicht verstehen, wie man deratig versagen kann - nicht, dass ich mir anmasse, jetzt was von Katastrophenbekaempfung zu verstehen, aber ein paar Eindruecke und vor allem Fragen hab ich denn doch.


Eine nationale Katastrophe - Was kommt danach? - Tobi - 27.08.2007

Carmen schrieb:Papandreou hat genau das vorgeschlagen: Ein gutorganisiertes, flaechendeckendes System von freiwilligen Feuerwehren. Und auch Notfallplaene fuer Brandfaelle etc.
Hat er jetzt vorgeschlagen? Ist mir schlecht...
Ein solches, hervorragend funktionierendes System ist auf unserem Felsen seit mehreren Jahren zu bewundern, wie oben beschrieben.
Gegruendet uebrigens noch zu PASOK-Zeiten, wo es ebensowenig auch nur einen Sesselfurzer interessiert hat wie spaeter die Kollegen von der ND.
Also eben gegruendet von den Menschen selbst, mit tatkraeftiger Unterstuetzung durch viele Privatleute und Vereine.
Als haette man diese Idee also nicht schon vor Jahren haben koennen/muessen. Da koennte ich dann auch wieder kotzen.

Uebrigens: Auch hier musste auf einen Schlag 30% des Waldes abfackeln, bevor etwas passiert ist...aber wenigstens ist hier etwas passiert.
Das ist sicher der Schluessel: Passieren muss so etwas immer auf lokaler Ebene und ohne auf die Buerokraten zu warten...

Carmen schrieb:Die Organisation war/ist tatsaechlich nicht vorhanden, die Regierung hat sich als unfaehig gezeigt und das Millitaer als ueberfluessig. Ich bin nicht der Meinung, dass die Katastrophe spurenlos am Land vorbeigehen wird. Weder so noch so.
Ist ja alles weiss Gott nicht neu, hoffen wir nur, dass der Schlag mit der keule jetzt endlich deutlich genug spuerbar war, dass sich die Leute auch nachhaltig fuer etwas anderes interessieren als ihren eigenen Vorgarten und dieser Versagerbande nicht mehr alles durchgehen lassen...


Eine nationale Katastrophe - Was kommt danach? - NaxosNick - 27.08.2007

Tobi, auf Eurem Felsen habt Ihr aber doch bei der Feuerwehr-Sache auch irgendwie mitgemacht, oder?
Wäre da auch von selbst etwas unternommen worden?

Auf meiner sardischen Insel haben wir wenigstens in den allermeisten Ecken, auf erhobenen Hügeln, Feuerposten der Forstwirtschafts-Kooperative, besetzt von Juni bis September mit meist 3 Mann solange es hell ist, einem PickUp und 1000 Liter Wasser... Das sind wenigstens 1000 Mann im Sommer - Teilzeitarbeitslose...

Fast alle Wald/Macchia-Gebiete haben alle paar hundert Meter eine Brandschneiße von ca. 10 - 20 Meter und an den Neu-Aufforstungen entlang von Straßen sind ebenfalls stets geräumte Schneißen wegen der beliebten Zigaretten-Kippen. Dennoch gibt es natürlich ein paar tausend Feuer jedes Jahr und auch manchmal schlimme Brände. Das griechische Chaos dürfte aber aufgrund der Schneißen und Beobachtungsposten nicht passieren.

Die ganze, brennende Region im Südwesten kenne ich doch relativ gut (wollte da mal bauen) und wenn ich TV schaue, kommen mir die Tränen - vor Trauer und vor Zorn!


Eine nationale Katastrophe - Was kommt danach? - omega - 27.08.2007

sehe ich die TV-Bilder des griechischen Grauens fallen mir einerseits diese übertriebenen amerikanischen Katastrohenfilme ein , andererseits fallen mir unzählige andere amerikanische Dokus über dortigen Katastrophenschutz, Brandschutz ein. Solche Filme wurden noch gezeigt, als es nur ARD und ZDF gab.

Wenn also Papandreou in USA geboren und aufgewachsen ist, Karamanlis plus Gattin mehrfach in USA studiert haben, warum haben dann beide "regierenden Parteien" angesichts der jährlich wiederkehrenden Feuerbrände (Erdbeben gibt es auch regelmässig) keinen funktionieren Katastrophenschutz aufgestellt ?? Dass das alles besser geht, ist beiden aus den USA bekannt (oder haben uns diese Dokus die Effektivität nur vorgegaukelt)

Vor Olympia hat die Regierung es auch geschafft, alles "unter Kontrolle " zu halten , um sich nicht international zu blamieren, aber jetzt, jetzt verbrennen die Menschen und nichts hilft


Eine nationale Katastrophe - Was kommt danach? - omega - 27.08.2007

apropos Arbeitslose

unter den hilfsmassnahmen für Brandopfer nannte karamanlis auch die "Verpflichtung" von 6000 Arbeitslosen für 1 jahr um das verbrannte Land wieder auf zu forsten


Eine nationale Katastrophe - Was kommt danach? - Carmen - 27.08.2007

Seit wann er es vorschlaegt, weiss ich nicht, sicherlich mindestens seit Februar, als er das erste Mal diese konzertierten Gespraeche wollte. Ich weiss auch keine Details ueber den Gesamtvorschlag und auch nicht, wie ausgegoren er ist.

Zum Einen fehlt es sicherlich an freiwilliger Feuerwehr, zum anderen an einem flaechendeckenden Evakuierungsplan bzw. Katastrophenplan - ist ja nicht zu glauben, dass die Menschen in den bedrohten Doerfern Samstag abend bzw. Sonntag morgen um 7h an einer zentralen Stelle sein sollen (Kirche, Plateia, Sportplatz), man sie dort ohne weitere Info auf die Feuerwehr und Evakuierung warten laesst - und zwar ohne Strom, Wasser, Info, im Qualm, das Feuer naeher kommen laesst und sie dann ueber TV Sender von der Feuerwehr erfahren muessen, dass der Wagen auf der Strasse stecken blieb, weil brennende Baeume die Durchfahrt verwehren.

Kann nicht angehen, dass Hubschrauber unterwegs sind und verlauten lassen, sie koennen die eingeschlossenen nicht evakuieren, weil die lokalen Plateies zu klein sind, dort zu landen... kann nicht sein, dass man in 48 Stunden keine 200 Doerfer raeumen kann, kann nicht sein, dass die Parole der Feuerwehr an die inzwischen direkt eingeschlossenen nur noch lautet: sorry, zu spaet fuer uns, noch durchzukommen, seht selbst zu, wie ihr da rauskommt!

Berechtigt der Ruf nach Panzern: Macht uns wenigstens ne Gasse, sagt uns wenigstens eine Himmelsrichtung in die wir fluechten sollen, wir koennen keine 5-10 Meter weit sehen, wir wissen nicht, wie hier raus und wohin!

Kann ja wohl nicht sein, dass alles an der Feuerwehr haengen bleibt, an einem einzigen Mann, Nikos Diamantis, dem Einsatzleiter. Was ein Versagen aller anderen Kraefte!!!!!

Ich koennt heulen vor Wut und Hilflosigkeit. Und nicht nur ich. Es ist ganz sicher, dass diese Katastrophe nicht spurlos an desem Land vorbeigehen wird, sicher nicht.


Eine nationale Katastrophe - Was kommt danach? - NaxosNick - 27.08.2007

1 Jahr reicht aber nicht - vielleicht zum pflanzen, aber die Bäume müssen auch gepflegt werden..


Eine nationale Katastrophe - Was kommt danach? - Tobi - 27.08.2007

NaxosNick schrieb:Tobi, auf Eurem Felsen habt Ihr aber doch auch irgendwie mitgemacht, oder?
Wäre da auch von selbst etwas unternommen worden?
Es kann doch nicht Aufgabe der Bevoelkerung sein, sich in Eigeninitiative auf jedes erdenliche Unglueck vorzubereiten. Dafuer ist ja eigentlich der Staat da.
Es ist ja nicht so, dass es nur um Waldbraende geht; wir leben hier fast auf dem Graben, entlang dem es immer wieder zu starken Erdbeben kommt, die zunehmende Duerre stellt auch die Frage nach langfristiger Wasserversorgung - sollen sich um das alles privatinitiativen kuemmern, bevor etwas passiert?
Das kann man von den Leuten nun auch wieder nicht verlangen....


Eine nationale Katastrophe - Was kommt danach? - siggi - 27.08.2007

Ich bin nicht sonderlich überrascht zu sehen was derzeit passiert.
Das ganze Übel beginnt doch schon im Jahre 1999 oder wann es war als Athen den Zuschlag zur Olympiade bekam. Da gabs die Kritiker die ganz genau das befürchtet hatten, alles Geld fließe nach Athen und für das Landesinnerer bliebe nichts übrig. Dann gabs noch den Regierungswechsel, Positionen und Personal wurde durch parteinnahe Köpfe ausgetauscht und auch der Euro darf nicht vergessen werden.
Mich hats immer wieder verwundert aber auch geärgert warum der allgemeine Grieche so stolz auf seine anscheinend blühende Wirtschaft ist. Deutschland muss 2x passen und Griechenland, trotz immenser Ausgaben der Olympiade erfüllt alle Stabilitätskriterien?? Stinkt doch zum Himmel…wie jetzt die Feuer. Wo gespart wurde zeigt sich jetzt.
Und alles, damit der persönliche Ego weiter die Nase hoch halten kann.
Wir sind Europameister, haben den Eurovision geholt, erfüllen die Euro-Kriterien,
haben in Athen die schönste marmorgeschmückte Metro und Flughafen und dazu noch das schönste Land der Welt. Bitte Presse, CNN, darüber sollte doch jeden Tag berichtet werden.
Erinnert mich alles stark an eine längs zusammengebrochene Regierungsform vor den 90` ….

Und trotzdem, jetzt geht das ewige leidige Thema wieder los. Der Staat ist an allem Schuld. Aber wer ist denn der Staat? Sind nicht wir es, die Bewohner selbst?
In Athen sollen die wilden Müllkippen mitverantwortlich sein, wer hat sie denn angelegt?
Die Dörfer haben keine Hydranten, keine Feuerwehr. Hat irgendjemand irgendwann einen Antrag darauf gestellt?
Zu kritisieren ist der einfache Weg, aber selbst was anzupacken, dazu muss umgedacht werden, in Griechenland noch ein langer Weg.


Eine nationale Katastrophe - Was kommt danach? - Tobi - 27.08.2007

siggi schrieb:Zu kritisieren ist der einfache Weg, aber selbst was anzupacken, dazu muss umgedacht werden, in Griechenland noch ein langer Weg.
Wie ich hier sehe (sagte ich bereits), ist der Weg nicht soo lang. Und durch die Erfolge dieser gemeinschaftlichen Taetigkeit entsteht gerade so etwas ganz entfernt aehnliches wie Buergersinn. Tatsache. Man ist stolz auf die Organisation, den Einsatz und das Erreichte. Zur Abwechslung also ist man mal voellig zu Recht stolz.
Ob dieses zarte Pflaenzchen dann auch in anderen Lebensbereichen Fuss fassen kann - naja, Ihr kennt ja meinen grenzenlosen zivilisatorischen Optimismus...


Eine nationale Katastrophe - Was kommt danach? - omega - 27.08.2007

ich gebe mal ein Beispiel für das Verhalten von Menschen, wenn es um die eigene Bequemlichkeit und den Umweltschutz geht

ich bin gerade umgezogen, in der alten Wohnung habe ich jedes fitzelchen Müll getrennt, weil a) die neugierigen Nachbarn hinter den Gardinen festgenagelt waren und jede Handlung kommentierten und weil es nur eine begrenzte Anzahl von Mülltonnen gab. Jetzt in der neuen Wohnung gibt es einen riesigen Müllcontainer , und da alle Nachbarn ihren Müll ungetrennt darein schütten , mache ich das mittlerweile auch.

so schnell geht mein Umweltgewissen zugunsten der eigenen Bequemlichkeit flöten

wenn ich dann das auf solche Dinge übertrage wie aktive Brandprävention übertrage, dann wird diese positive Verhaltensveränderung noch schwieriger

andererseits wenn man nie den anfang macht, dann verändert sich gar nichts


Eine nationale Katastrophe - Was kommt danach? - Carmen - 27.08.2007

In der Firma heisst es eher: wozu haben wir eigentlich das Millitaer, wenn sie es nicht mal hinkriegen, in 48 Stunden ein paar Doerfer zu evakuieren - und die wollen uns gegen die Tuerken verteidigen?

Ach, es ist ein Drama, ein riesiges Drama.

Da zieht ein Haufen junger Leute auf Evia los, um auf eigene Faust ihr Dorf zu verteidigen, ohne Plan, ohne Ahnung, ohne Info und ohne Feuerwehr weit und breit. Und werden binnen Minuten vom Feuer ueberrannt. Tot allesamt. In solchen Katastrophenzeiten ist ganz bestimmt nicht unkoordinierte Eigenaktion angesagt, dafuer gibt es schliesslich Regierungen und Staatskraefte, dass sie den Zivilschutz anleiten und koordinieren. Wozu sonst?


Eine nationale Katastrophe - Was kommt danach? - NaxosNick - 27.08.2007

Nikos S., Chef der griechischen freiwiligen Feuerwehr sagte gerade im Radio:

"Dank an die deutschen Kollegen, die uns toll unterstützen. Wir sind nur 10.000 Berufsfeuerwehrleute und 4.000 Freiwillige - in ganz Griechenland"...

Mein Dorf Himbach hat 1.200 Einwohner, davon ca. 300 in der Feuerwehr - wovon die meisten aber nur ihren eigenen Durst löschen können...


Eine nationale Katastrophe - Was kommt danach? - Tobi - 27.08.2007

Hierzulande ist nunmal Eigenaktion angesagt, so lernt man's hier doch mit der Muttermilch - bloss nie auf den Staat verlassen. Nur sollte diese Eigenaktion eben keinesfalls unkoordiniert sein. Ich denke, die Aneignung eines Minimums an Organisationsfaehigkeit und Teamgeist werden die groessten Herausforderungen sein, denen sich die Leute hier zu stellen haben. Vom Staat wird auch in Zukunft nichts kommen, da wette ich drauf. Ein paar wochen gibts Geld mit der Giesskanne, ein halbes Jahr lang blindwuetiger Aktionismus, der aber schon nach der Wahl stark nachlassen wird, spaetestens ab Januar regnets ja eh dauernd, da hat man dann wieder wichtigeres im Kopf.


Eine nationale Katastrophe - Was kommt danach? - Carmen - 27.08.2007

Teamgeist: In einigen wenigen Doerfern war man schlau: man faellte gemeinsam und schnell saemtliche Baeume (inkl. kostbarere Oliven), bildete so einen freien Kranz um das Dorf, zog mit traktoren die gefaellten Baeume an den Rand diesen Kranzes und machte sich auf und davon. Die Rechnung ging auf: In keinem dieser Doerfer brannte ein Haus nieder, keiner wurde verletzt. Aber es waren eben nur einige wenige Schlaue, die ueberhaupt auf solch eine Idee kamen.